- Notizen
Eine internationale Tagung im Zeichen der Gendergleichstellung im Waldsektor
16.12.2024
Notiz
Ende Oktober 2024 fand in Slowenien die internationale Tagung zum Thema «Equality and Diversity in Forestry» statt. Sie förderte den Austausch zwischen Frauen im Wald- und Forstsektor und thematisierte Herausforderungen sowie Strategien zur Inklusion. Good-Practice-Beispiele und Erfahrungsberichte zeigten die Bedeutung von Netzwerken für gegenseitige Unterstützung. Die Tagung verdeutlichte, wie wichtig es ist, Frauen zu ermutigen, Führungspositionen einzunehmen, um eine vielfältige und zukunftsorientierte Wald- und Forstwirtschaft zu gestalten.
* Länggasse 85, CH-3052 Zollikofen, E-Mail: johanna.trummer@bfh.ch
114 Personen (davon 107 Frauen) aus 25 Ländern nahmen am 24. und 25. Oktober 2024 in Portorož (Slowenien) an der internationalen Tagung «Equality and Diversity in Forestry: Changing the Image of Forestry» teil. Die vom Interreg-Projekt Fem2Forests, dem Verein Women in Forestry International (WOFO International, internationaler Dachverband der Netzwerke von Forstfrauen)1 und dem slowenischen Forstinstitut ausgetragene Veranstaltung wurde von Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen sowie Mitarbeitenden aus Forstbetrieben besucht. Das Ziel war es, den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Frauen im Wald- und Forstbereich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus wurden Herausforderungen aufgezeigt und mögliche Lösungen skizziert, um die Inklusion in einem männerdominierten Arbeitsumfeld zu stärken.
Gendergleichheit im Waldsektor: Einblicke in Projekte und Initiativen
Zum Auftakt zeigte Zarja Muršič in ihren Ausführungen über Gleichstellung und Vielfalt in der Wissenschaft anhand von Beispielen aus der Botanik, der Ornithologie und der Waldwissenschaft, dass Frauen entscheidende Beiträge in der Forschung geleistet haben und leisten. Dem inspirierenden Beitrag folgten Erfahrungsberichte über Herausforderungen, die Frauen daran hindern, eine Karriere im forstwirtschaftlichen Sektor einzuschlagen. Zu diesen zählen geschlechtsspezifische Stereotype, veraltete Vorstellungen über forstwirtschaftliche Berufe und das Berufsumfeld im Allgemeinen wie die Assoziation mit harter, körperlicher und gefährlicher Arbeit, fehlende Einblicke in Möglichkeiten bei der Berufsorientierung sowie geringes und unsicheres Einkommen.
Das internationale Projektes Fem4Forest hat aufgezeigt, dass 40 Prozent der Waldbesitzenden in Slowenien Frauen sind. Auch sind bereits mehr als die Hälfte der inskribierten Studierenden in forstorientierten Studiengängen Frauen. Trotz dieser positiven Entwicklung sind nur wenige Frauen in forstwirtschaftlichen Führungspositionen zu finden, wie Möller et al (2024) betreffend die Situation in der Schweiz feststellten. Dieses Missverhältnis wurden auch von Nikolina Mencin von der internationalen Forststudierendenvereinigung (IFSA) hervorgehoben. Sie betonte, dass es an der Zeit sei, das öffentliche Image des Waldsektors an die heutigen Gegebenheiten anzupassen und es als modernes, umweltbewusstes und inklusives Berufsumfeld in einer «grünen» Branche, zu dem es sich entwickelt, zu präsentieren. Der Anteil der weiblichen Absolventinnen von forstwirtschaftlichen Studiengängen ist denn auch zunehmend.
In Spanien hat das Kunstprojekt «Emboscades» auf die mehr als 45 Prozent weiblichen Waldbesitzerinnen in der Region Katalonien aufmerksam gemacht. Unterstützt durch die katalanische Regierung wurden im Frühling 2024 18 Porträts von Waldbesitzerinnen bei ihren täglichen Tätigkeiten im Wald erstellt und im Palau Robert Park in Barcelona ausgestellt.
Dagmar Karisch-Gierer, Vorsitzende von WOFO International, betonte die Notwendigkeit, trotz positiver Entwicklungen mehr Frauen für den Forst- und Waldsektor zu gewinnen. Dazu sollten etwa der Zugang zu Informationsmaterialien und Ansprechpersonen für Fragen bei der Berufswahl verbessert, Stereotypen am Arbeitsplatz beseitigt sowie unterstützende Netzwerke für Frauen, die bereits im Forstwesen aktiv sind, aufgebaut werden. Der dreiwöchige Onlinekurs «Gender Equality, Diversity and Inclusion (GEDI) in forest-related sectors» wurde als innovative Lösung vorgestellt. Er bietet ein kostenloses Weiterbildungsprogramm für Fachpersonal und Interessierte, um die Themen Gender, Gleichstellung, Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz einzuführen und Herausforderungen zu thematisieren. Weiter stellte Mersudin Avdibegovic das Joint-Masterprogramm vor, das aus dem Netzwerk Forest Policy, Economics, Education and Research (FOPER) entstanden ist. Dieses Studium wurde zwischen 2007 und 2012 von den Universitäten Belgrad und Sarajevo angeboten. Es verfolgte das Ziel, die Forschungs- und Bildungsnetzwerke in Albanien, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina sowie Kroatien zu stärken.
Die Vortragenden waren sich überwiegend einig, dass Netzwerke von und für Frauen im Waldsektor als Katalysatoren für Veränderungen wirken können, da sie Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung gewährleisten. Das Publikum nahm diesen Gedanken auf und stellte bereits in den Diskussionsrunden erste Überlegungen im Hinblick auf neue Netzwerke an. Als langjährig etabliertes Netzwerk berichteten die Frauen im Forstbereich e.V. aus Deutschland von ihren Erfahrungen als Verein seit der Gründung 1993. Ein jüngeres Netzwerk von Försterinnen aus der Mongolei schilderte die Entwicklung ihres Vereins seit seiner Gründung 2023. Die Vorsitzenden von WOFO International berichteten über die Highlights seit dem ersten Vereinstreffen 2022. Sie planen weitere internationale Vernetzungstreffen, so 2025 in Island.
Der internationale Charakter der Tagung zeigte sich in der abschliessenden Podiumsdiskussion, an der neben der Mongolei auch die junge Waldnation Island vertreten war. Infolge des Klimawandels werden in Island seit knapp zehn Jahren Wälder aufgeforstet. Als allgemeines Fazit ging aus der Diskussion hervor, dass Frauen weltweit vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Die Situation hat sich zwar in den vergangenen Jahren verbessert, es gibt jedoch noch Potenzial bei der Förderung von Gleichstellung und Vielfalt im Waldbereich.
Eindrücke und Schlussfolgerungen
Neben der Möglichkeit, mit anderen Frauen aus dem Waldsektor in Kontakt zu treten und sich auszutauschen, boten die beiden Tage interessante Erfahrungsberichte und Einblicke in Projekte zum Kernthemen der Tagung. Als Schlussfolgerung liegt die Erkenntnis vor, dass jüngere Generationen Frauenvorbilder brauchen, um in männerdominierten Bereichen wie dem Forstsektor eine integrierende, wissenschaftliche und praxisorientierte Gesellschaft zu fördern. Die Berücksichtigung von genderunabhängigen Sichtweisen verbessert nicht nur unser Verständnis untereinander, sondern führt auch zu innovativen Lösungen, um die heutigen Herausforderungen gemeinsam zu meistern.
Fussnoten
Literatur
Die Rolle der Frau in der Waldwirtschaft. Schweiz Z Forstwes 175: 137–139. doi:10.3188/szf.2024.0137