- Editorial
Mormanns Biografie und das LWF
26.02.2025
Editorial
Damals ertönte noch der Klageruf eines Käuzchens. Sonderzüge seien gefahren, damit alle nur einmal den Gesang einer Nachtigall erhaschen konnten. Protagonist August Mormann skizziert in der neusten Erzählung «Nicht mein Leben» von Adolf Muschg die Lebenswelt in den 1930er-Jahren. Der 90-jährige Autor lässt Mormann auch die Gegensätze der Pandemiewelt des 21. Jahrhunderts beschreiben: «Aus den Dörfern waren Agglomerationen geworden, aus den Wäldern Erholungsgebiete oder Fitness-Parcours. In den Corona-Nächten hatten sie etwas von ihrer Fremde wiederhergestellt […].»
In diesem Heft bilden wir auch Veränderungen der Wälder ab. Das Programm «Langfristige Waldökosystem-Forschung» (LWF) dokumentiert die Prozesse der letzten 30 Jahre in Mikro- und Millieinheiten. Zu Beginn unterstützten die Messungen und Auswertungen die Debatte um das Waldsterben, heute dokumentieren sie klimatische Veränderungen mit einer Häufung von Extremereignissen. «Das Programm hat wertvolle Erkenntnisse über die komplexen Wechselwirkungen zwischen biotischen, abiotischen und anthropogenen Faktoren gewonnen», schreiben die heutigen LWF-Koordinatoren. Die Ergebnisse hätten wertvolle Leitlinien für Entscheidungsträgerinnen und Waldbesitzer geliefert. Mit der vorliegenden Schwerpunktstrecke versuchen wir mit zehn Beiträgen in drei Landessprachen, ein umfassendes Verständnis für die dynamischen Prozesse in unseren Wäldern zu vermitteln.
Die literarischen und die naturwissenschaftlichen Beschreibungen lassen uns vergegenwärtigen, dass unsere Wälder nicht nur als Erholungsgebiete oder Fitness-Parcours dienen, sondern eine grundlegende Rolle in unserem Ökosystem spielen. Die Waldkulisse hat sich verändert. Es ist unsere Aufgabe, die Wälder so zu gestalten, dass sie auch in Zukunft ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können. Die Erkenntnisse aus dem LWF bieten uns dabei wertvolle Hinweise – damit unsere Wälder nicht nur überleben, sondern gedeihen!