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Untersuchung der Produktivität von Pflanzungen bei zehn Schweizer Forstbetrieben
01.11.2024
Abstract
In den Schweizer Wäldern werden Störungen zunehmen. Bei unzureichender Natur- oder Vorverjüngung kann eine aktive Pflanzung deshalb zielführend sein. Der Fokus richtet sich dabei auf die Einbringung von Artenvielfalt und klimastabile Baumarten, um die Resilienz des Waldes zu stärken. Das WSL-Tool JuWaPfl (Jungwaldpflege) stellt für die Forstpraxis Modelle zur Abschätzung von Produktivität und Kosten der ersten Produktionsstufe bereit. Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen gehen wir davon aus, dass der Bedarf nach Leistungskennziffern in den nächsten Jahren weiter anhalten oder gar steigen wird. Deshalb haben wir die Modelle «Pflanzung» und «Wildschutz-Massnahmen» überarbeitet und die Leistung von Pflanzungen mit unterschiedlichen Werkzeugen (u.a. Anbringung verschiedener Wildschutzmassnahmen) untersucht. Neben den reinen Leistungskennzahlen, die in die Aktualisierung der Modelle geflossen sind, teilen wir in diesem Beitrag unsere Erfahrungen und Erkenntnisse über Pflanzverfahren, eingesetzte Werkzeuge, verwendete Baumarten, Pflanzgut und Pflanzzeitpunkt.
Keywords: young forest maintenance, planting productivity, planting tools and techniques, browsing protection, working times studies
* Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf, E-Mail janine.schweier@wsl.ch
Schweiz Z Forstwesen 175 (6): 304–311.https://doi.org/10.3188/szf.2024.0304
Kalamitäten traten in den letzten Jahren vielerorts auf und es ist davon auszugehen, dass solche Schadereignisse in Zukunft zunehmen (Bebi & Schweier 2023; Allgaier-Leuch et al 2017). Sturmereignisse, wärmere und trockenere Sommer bis hin zu Dürreperioden mit anschliessender Massenvermehrung von Borkenkäfern führen dazu, dass Bäume absterben und Waldflächen und die damit verbundenen Waldleistungen reduziert werden oder ganz verloren gehen (Frehner et al 2011). Fehlt es in solchen Beständen an Naturverjüngung der Zielbaumarten oder soll die Baumartenvielfalt erhöht werden, ist eine Pflanzung von Baumarten sinnvoll, die ein wärmeres und trockeneres Klima ertragen (Brändli & Imesch 2015; Brang et al 2016).
Solche Massnahmen sind oftmals mit hohen betrieblichen Aufwendungen und Kosten verbunden. Grundsätzlich und vor allem in Gebieten mit überhöhtem Wildbestand (v.a. Reh, Gams, Hirsch) müssen die Pflanzen anschliessend gegen Wildverbiss geschützt werden. Dies gilt insbesondere für Ahorn, Esche, Eiche, Weisstanne und Eibe (Brändli & Imesch 2015).
Leistungszahlen zu ausgewählten Jungwaldpflegearbeiten wurden bis 2013 im «Schweizerischen Forstkalender» veröffentlicht und danach aufgrund mangelnder Aktualität nicht weiter publiziert. Daher hat die WSL-Forschungsgruppe «Nachhaltige Forstwirtschaft» das bereits 1996 entwickelte Tool JuWaPfl (Jungwaldpflege) ausgebaut und 2018 um die Modelle «Pflanzung» und «Wildschutz-Massnahmen» erweitert. JuWaPfl stellt für die Forstpraxis Modelle zur Abschätzung von Produktivität und Kosten der ersten Produktionsstufe bereit (Erni et al 2000; Holm et al 2023). Der Hauptgrund für die Erweiterung war der Anstieg des forstlichen Pflanzenverbrauchs seit 2016, was sich als Folge der oben beschriebenen Gründe in den nächsten Jahren fortsetzen dürfte. Die Datengrundlage für das ursprüngliche Modell «Pflanzungen» lieferten waldbauliche Handbücher und Merkblätter hauptsächlich aus Deutschland (Bayerische Staatsforsten 2012; LWF 1998). Diese Leistungskennzahlen sind mindestens zehn Jahre alt, und es liegen nur vereinzelt aktuellere Leistungszahlen in der Literatur aus Deutschland vor (Braun et al 2018; Bayerische Staatsforsten 2022). Deshalb nahmen wir eine grundlegende Weiterentwicklung von JuWaPfl zum Anlass, die Kennzahlen für die Modelle «Pflanzung» und «Wildschutz-Massnahmen» mit eigenen Untersuchungen zur Produktivität zu verifizieren, zu aktualisieren und in Bezug auf die Gegebenheiten in der Schweiz zu überprüfen und falls nötig anzupassen.
Dazu führten wir bei Forstbetrieben Zeitstudien bei Pflanzungen und Wildschutzmassnahmen durch und unterschieden dabei – wie im bisherigen Modell – bezüglich Pflanzgut (wurzelnackte/Ballenpflanzen), Pflanztechnik (Spalt-, Loch-, Topfpflanzung) und Bedingungen vor Ort (Bodenverhältnisse, Schlagabraum, Hangneigung, Pflanzentransport zu Fuss). Zudem wurden nach den Zeitstudien die gepflanzten Baumarten mit den Empfehlungen aus der von der WSL entwickelten TreeApp (Brang et al 2020) verglichen. Diese liefert Empfehlungen für zukunftsfähige Baumarten an einem spezifischen Standort.
Daten und Methoden
Felderhebungen
Für die Datenaufnahme mittels Zeitstudien kontaktierten wir Kantonsverantwortliche und fragten nach Forstbetrieben, die in der jüngeren Vergangenheit Pflanzungen durchgeführt hatten. Ausserdem fragten wir bei uns aus früheren Studien bekannten Förstern an. Von 2021 bis 2023 fanden wir so zehn Forstbetriebe im Mittelland, im Jura und in den Voralpen, deren Pflanzungen wir mit einer Studie begleiten konnten. In diesen Forstbetrieben wurden 31 Pflanzungen an 23 Aufnahmetagen untersucht und die Pflanz- und Anbringungszeiten von 9504 Pflanzen und 3429 Einzelschutze erhoben.
Flächenbeschriebe
Die meisten Pflanzstandorte befanden sich nah einer Waldstrasse (5–50 m), wodurch ein zeitaufwendiger Pflanzentransport ab der Waldstrasse zu Fuss nicht nötig war. Einzig in der Produktionsregion «Voralpen» (Brändli et al 2020) (n = 3) mussten teilweise längere und anstrengende Strecken (>500 m) zurückgelegt werden, um zu den Pflanzorten zu gelangen. Das waren auch die einzigen Pflanzflächen, die eine Neigung von über 45% aufwiesen, die meisten restlichen Flächen waren eher flach (Neigung unter 10%). Im Fall eines vorherigen Holzschlags wurde der Schlagabraum vor der Pflanzung sorgfältig entfernt. Hinderliche Bodenvegetation war grösstenteils keine bis wenig vorhanden. Der Skelettanteil des Bodens betrug bei über 95% der Pflanzflächen unter 25%. Die Pflanzbedingungen über alle Kriterien wurden in 22 Fällen als einfach, in 7 Fällen als mittel und in 2 Fällen als schwierig bewertet. Die Bewertungen wurden mittels einheitlicher Kriterien von denselben Personen vorgenommen. Eine Grundübersicht findet sich in Tabelle 1. Je nach Pflanzfläche kann die Einteilung von dieser Übersicht abweichen, falls etwa die Erschwernisse zwar alle gering sind, die Hangneigung aber 50% beträgt (Verschiebung der Verhältnisse von «einfache» zu «mittlere»).
Arbeitsabläufe
Die Auswahl von Pflanzgut, -fläche und -werkzeug wurde dem Forstbetrieb beziehungsweise den Forstwarten überlassen. Wir erfassten die Pflanzzeit der Forstpflanzen (wo nötig bei Nacktwurzlern inklusive des Wurzelschnitts) inklusive der Verschiebung des Forstwarts zur nächsten Pflanzreihe oder zum nächsten Pflanztrupp. Die Zeit für die Bereitstellung der Pflanzen von der Waldstrasse bis zur Pflanzfläche wurde separat erhoben und nicht zur reinen Pflanzzeit gezählt. Für die Zeitaufnahme bei der Pflanzung im Feld wurden die in Tabelle 2 dargestellten Arbeitsschritte definiert.
Pflanzwerkzeuge
Tabelle 3 gibt einen Überblick über verschiedene Pflanztechniken, über ihr Einsatzgebiet und -spektrum sowie die aus der Literatur angegebenen Pflanzleistungen für folgende fünf, in dieser Studie untersuchten Pflanzwerkzeuge: Wiedehopfhaue (Abbildung 1), Rhodener Pflanzhaue, Hohlspaten, maschineller Erdbohrer (Abbildung 2) und Anbaugerät (Abbildung 3).
Es ist gut ersichtlich, dass die einzelnen Pflanzwerkzeuge für unterschiedliche Einsatzgebiete und Pflanzen (Grösse und Wurzeldimension) geeignet sind. Die drei wichtigsten Kriterien für die Auswahl des passenden Werkzeugs sind der Zustand der Pflanzflächen, die Bodenbeschaffenheit und die Hauen-/Bohrlänge bzw. -breite der Werkzeuge, die der Dimensionen der Pflanzen entsprechen. Kommt etwa der Erdbohrer zum Einsatz, muss die Pflanzfläche vorher geräumt sein; wenn Bäume mit einer dreidimensionalen Wurzel über 20 cm gepflanzt werden, sollte zur Vermeidung von Wurzeldeformationen nicht die Wiedehopfhaue zum Einsatz kommen.
Wildschutzmassnahmen
Von uns wurden solche Wildschutzmassnahmen erfasst, die während oder direkt nach den Pflanzungen erfolgten. Somit wurden ausschliesslich Einzelschutzmassnahmen erhoben, nicht jedoch flächige Schutzmassnahmen. Zu letzteren zählen etwa Zäune, die vor den Pflanzungen angebracht wurden. Da in den untersuchten Gebieten kein oder lediglich minimaler Rotwilddruck herrscht, installierten die Forstbetriebe ausschliesslich rehwildsicheren Schutz. In Tabelle 4 sind die Schutztypen dargestellt, die auf den Pflanzflächen angebracht und von uns untersucht wurden.
Resultate
Pflanzgut
Von den untersuchten 9504 Pflanzen waren 6392 Pflanzen Nacktwurzler (67.3%), 2699 Topf- (Quickpot, LIECO usw.) (28.3%) und 413 Containerpflanzen (grössere Behälter mit einem Durchmesser ab 10 cm) (4.4%). Somit entfallen rund zwei Drittel der Pflanzen auf Nacktwurzler, die in unserer Studie hauptsächlich bei drei Szenarien zum Einsatz kamen:
- Bei Lichtbaumarten (Stiel-, Traubeneiche oder Lärche), die bei Mischpflanzungen mit Nebenbaumarten mit starker Apikaldominanz eingesetzt wurden und bereits einen Vorsprung durch die Pflanzgrösse gegenüber der Begleitvegetation haben sollten (Abbildung 5). In diesem Fall betrugen die Sprosslängen konkurrenzfähiger Nacktwurzler mehr als 60 cm mit entsprechender Wurzellänge von 20 bis 40 cm.
- Bei einer Distanz für den Pflanzentransport von der Waldstrasse bis zum Pflanzort zu Fuss von über 100 Metern (oftmals mehr) wurden ausschliesslich Nacktwurzler verwendet.
- Beim Vorhandensein eines eigenen Pflanzgartens.
Die wenigen eingebrachten Containerpflanzen wurden von einem Forstbetrieb ebenfalls aus Gründen der erhöhten Konkurrenzfähigkeit bei Lichtbaumarten eingesetzt. Da diese Pflanzung mit einem Lochbohrer als Anbaugerät auf einem Traktor durchgeführt wurde, entfiel dort der höhere Pflanzungsaufwand aufgrund des grösseren Topf-/Wurzelvolumens.
Baumarten
Insgesamt wurden auf den 31 Pflanzflächen 22 verschiedene Baumarten gepflanzt: 16 Laubbaumarten (73 %), 6 Nadelbaumarten (27 %). Auf knapp zwei Dritteln der Flächen wurde eine Mischpflanzung durchgeführt. Bei den 11 Pflanzflächen mit Reinpflanzungen handelte es sich um reine Eichen- (in verschiedenen Kantonen subventionsberechtigt; Stocker 2022) oder Fichtenpflanzungen. Die Reinpflanzung mit Fichten kam ausschliesslich in den Voralpen auf Tannen-Fichtenwäldern der hochmontanen Stufe und vereinzelt auf Tannen-Buchenwäldern vor.
Auch bei den Mischpflanzungen waren bei den Laubbäumen die dominierenden Arten Stiel- und Traubeneichen (auf 12 bzw. 8 Flächen), gefolgt von der Hagenbuche (8) und Vogelkirsche (7). Bei den Nadelbäumen dominierte die Lärche (7). Die Weisstanne wurde lediglich auf zwei Flächen im Mittelland ausgebracht.
Ein Abgleich mit der TreeApp (Brang et al 2020) zeigte, dass auf 82% der Pflanzflächen «empfohlene» oder «bedingt empfohlene» Baumarten gepflanzt wurden. Lediglich 6% der angepflanzten Bäume gelten als zukünftig «gefährdet» und somit nicht empfohlene Arten. Bei 12% tauchte die eingebrachte Baumart nicht in der TreeApp auf. Dies gilt vor allem für Pflanzungen des Faulbaums oder der Thuja in der Westschweiz.
Pflanzzeitpunkt
70% der von uns untersuchten Pflanzungen wurden im Frühling durchgeführt (6613 Pflanzen). In dieser Pflanzperiode wurden fast ausschliesslich Nacktwurzler gepflanzt (85%), was knapp 90% der gesamt gepflanzten Nacktwurzler entspricht. Topfpflanzen wurden in den besuchten Forstbetrieben in beiden Pflanzperioden (Frühling und Herbst) eingebracht, mit einer Tendenz zum Pflanzzeitpunkt Herbst (68 % = 2016 Pflanzen).
Pflanzwerkzeug
Das am meisten verwendete Pflanzwerkzeug war die Wiedehopfhaue auf 10 Pflanzflächen, gefolgt vom maschinellen Lochbohrer, dem Hohlspaten, der Rhodener Pflanzhaue und dem Lochbohrer als Anbaugerät. Die beiden Lochbohrervarianten (maschinell und als Anbaugerät) kamen nur auf sehr gut erschlossenen, tiefgründigen und ebenen Flächen zum Einsatz.
Produktivität
Pflanzungen
In Tabelle 5 sind die erzielten Pflanzleistungen unter einfachen, mittleren und schwierigen Pflanzbedingungen dargestellt.
Aufgrund der überschaubaren Anzahl erhobener Pflanzen pro Pflanzwerkzeug wurde bei der Auswertung der Leistungszahlen auf eine weitere Unterteilung der Pflanztechniken (Spalt, Loch, Topf) verzichtet. Die hohen Werte der berechneten Standardabweichung weisen auf eine grosse Streuung innerhalb der Daten hin. Um eine verlässliche Aussage zur Leistung bei Pflanzungen mit dem Anbaugerät abzuleiten, müssten mehr Daten erhoben werden – in dieser Studie wurde es auf nur einer Pflanzfläche eingesetzt.
Bei der Wiedehopfhaue wurden zwei durchschnittliche Pflanzleistungen berechnet. Die obere Zahl ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt aller mit der Wiedehopfhaue gepflanzten Pflanzen; die untere Zahl zeigt die gewichtete durchschnittliche Pflanzleistung für Pflanzen mit einer Wurzellänge von unter 20 cm (Einsatzbereich der Wiedehopfhaue). Bei leichten Verhältnissen ergibt die Einhaltung dieses Einsatzbereichs eine höhere Leistung von knapp sieben Pflanzen in der Stunde, bei mittleren Verhältnissen konnte kein Anstieg der Pflanzleistung festgestellt werden. Zu beachten ist, dass ebenfalls alle Werte über eine hohe Standardabweichung verfügen, was wiederum auf eine hohe Streuung der Datenwerte hinweist.
Werden die Pflanzen isoliert in zwei Gruppen (Pflanzen mit einer Wurzellänge über und unter 20 cm) aufgeteilt und wird die Leistung je Gruppe berechnet, ist der Unterschied noch grösser. Für die Rhodener Pflanzhaue resultiert eine Leistungseinbusse von 15 Pflanzen pro Stunde bei Pflanzen mit Wurzellänge von über 20 cm im Vergleich zu jenen mit einer Wurzellänge von unter 20 cm; bei der Wiedehopfhaue reduziert sich die Leistung fast um die Hälfte, also um 22 Pflanzen pro Stunde. Ein Teil der Leistungsreduktion ist auf den Zeitbedarf für den starken Wurzelschnitt bei Pflanzen mit Wurzellänge über 20 cm zurückzuführen. Ein Leistungsunterschied zwischen wurzelnackten Pflanzen und Topfpflanzen mit vergleichbarer Wurzel- bzw. Ballengrösse konnte bis anhin nicht festgestellt werden.
Wildschutzmassnahmen
In Tabelle 6 sind die Leistungen beim Anbringen der untersuchten Wildschutzmassnahmen dargestellt.
Die Leistungen der vier untersuchten Wildschutzmassnahmen sind im Vergleich zu den Angaben aus der Literatur eher hoch. Während bei den Baumschutzgittern und Wuchshüllen ein Faktor von 1.6 bis 1.8 resultiert, liegt er bei den Triebschutzmanschetten bei 2.5. Letztere wurden nur von einem einzigen Forstbetrieb angebracht, was die hohe Standardabweichung aufgrund der geringen Anzahl an Datensätzen erklärt.
Die untersuchte Produktivität für Baumschutzgitter und Wuchshüllen ist für ihr Anbringen etwa gleich hoch. Beide benötigen zudem zeitintensive periodische Kontrollen, um allfällige Schäden an den Hüllen oder das Einwachsen der Pflanzen zu verhindern, sowie den Abbau und die Entsorgung nach deren Lebensdauer. Einzige Ausnahme ist der faltbare Einzelbaumschutz aus Holz, der aus von Borkenkäfer befallenem Schweizer Fichtenholz besteht (Abbildung 6). Solche Einzelbaum-Schutzmassnahmen werden aus verschiedenen Holzarten hergestellt und in der Schweiz von mehreren Herstellern angeboten. Holz und Draht verrotten nach zehn Jahren, wodurch sich der Abbau erübrigt und auch kein Sondermüll im Wald zurückbleibt.1 Die höheren Stückpreise (doppelter Betrag im Vergleich zu Kunststoffgitter) könnten demnach durch eine Kosteneinsparung beim Abbau und bei der Entsorgung aufgewogen werden. Das Anbringen ging deutlich schneller als das Anbringen von Baumschutz- und Wuchshüllen. Offen blieb die Frage, ob dies am aufwendigeren Aufbau oder an der noch fehlenden Übung der installierenden Person lag.
Diskussion
Die Untersuchung der Produktivität von Pflanzungen bei unterschiedlichen Verhältnissen und des Anbringens von Einzelschutzarten gegen Wildverbiss ergab einen ersten Überblick, welche Werkzeuge, Baumarten und Pflanzgüter in den Forstbetrieben der Regionen Mittelland, Jura und Voralpen verwendet werden. Auch konnte die bisherige Produktivität aus der Literatur für das Modell «Planzungen» des JuWaPfl-Tools für die aufgenommenen Pflanzverfahren verifiziert und aktualisiert werden.
Für eine genauere Analyse der Produktivität bei Pflanzungen sollten weitere Studien durchgeführt werden – vor allem im Hinblick auf weitere Einflussfaktoren (Wahl des Pflanzguts, der Pflanztechnik oder der Spross-/Wurzeldimension). Es ist anzunehmen, dass die geringe Datenmenge ein Grund für die hohe Streuung (Standardabweichung) in den Pflanzleistungen ist: Da pro Pflanzwerkzeug jeweils nur wenige Forstbetriebe untersucht werden konnten, hatten Tagesform, Übung und Erfahrung der Forstwarte einen vergleichsweisen starken Einfluss auf die Produktivität. Trotzdem hat die Studienanzahl ausgereicht, um die bestehenden Modelle auf eine breitere Datengrundlage mit Daten aus Schweizer Betrieben zu stellen und wichtige Punkte aufzuzeigen. Dazu zählen etwa die Feststellung, dass die Wiedehopfhaue das am meisten verbreitete Pflanzwerkzeug war, oder das Benennen von Faktoren, welche die Leistung beeinflussen.
Der Abgleich der gepflanzten Baumarten mit der TreeApp zeigte eine hohe Übereinstimmung mit «empfohlenen Arten» auf der jeweiligen Pflanzfläche. Dies zeigt, dass die untersuchten Forstbetriebe bei Pflanzungen auf eine gesunde Mischung klimastabiler Baumarten setzen. Gemäss Untersuchungen ist dies heute und voraussichtlich zukünftig wichtiger denn je, denn eine hohe Baumartenvielfalt stärkt die Resilienz eines Bestandes und reduziert das Risiko von Ausfällen und Schäden durch biotische und abiotische Faktoren (Brang et al 2016; Frank et al 2017; Seidl 2023).
Gegen Ausfälle und Schäden durch Wildverbiss helfen Wildschutzmassnahmen als Einzelschutz oder flächig als Zäune. Bezüglich Einzelschutzmassnahmen ergab unsere Untersuchung, dass sich abbaubare Schutz- und/oder Wuchshüllen bei den besuchten Forstbetrieben nicht oder noch nicht durchgesetzt haben. Die Gründe dafür sind gemäss Gesprächen zum einen der zu rasche oder dann unvollständige Zerfall der Hüllen. Beim Einzelschutz aus Holz kommt der vergleichsweise hohe Anschaffungspreis pro Stück hinzu. Andererseits wurde positiv erwähnt, dass sich Einzelbaum-Schutzmassnahmen aus Holz gut in das Waldbild eingliedern, was zu positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung führte.
Auch wenn diese Produktivitätsstudie eine Momentaufnahme ist und der Anwuchserfolg der Pflanzen nicht untersucht wurde, ist es uns ein Anliegen, auf die Wichtigkeit der Werkzeugauswahl einzugehen. Entscheidend ist dabei – neben den Verhältnissen auf der Pflanzfläche – primär die Wurzeldimension der Pflanze, zu der die Hauenblattlänge oder der Bohrdurchmesser passen sollten. Beispielsweise führen zu schmale Bohrdurchmesser oftmals zu Seiten- und Hauptwurzelverkrümmungen (Bauer et al 2009), was den Anwuchserfolg und das spätere Wachstum des Baumes stark mindert. Dasselbe gilt für die Spaltpflanzung mit einer Wiedehopfhaue bei Bäumen mit dreidimensionalen Wurzeln. Damit sich der heutige Zeitaufwand und die entstehenden Kosten bei einer Pflanzung auch künftig lohnen, empfiehlt es sich, durch eine korrekte Werkzeugauswahl die Wurzeldeformationen beim Einbringen der Bäume möglichst gering zu halten.
Eingereicht: 6. Dezember 2023, akzeptiert (mit Review): 9. Mai 2024
Dank
An die Forstbetriebe für die Unterstützung bei der Datenerhebung. An Elias Vogel, Niclo Brodbeck und Flavian Stocker für die Unterstützung bei der Datenerfassung und an Jonas Glatthorn (WSL) für textliche Impulse aus waldbaulicher Sicht. An das Bundesamt für Umwelt (BAFU) für die finanzielle Unterstützung (Vertrag Nr. 00.0059.PZ/5BB41BA6A).
Literatur
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Waldbauliche Strategien im Klimawandel. In: Pluess AR, Augustin S, Brang P (Hrsg.). Wald im Klimawandel. Grundlagen für Adaptationsstrategien. Bern: Haupt. pp. 341–364
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Produktivitätsmodelle für Verjüngung, Jungwaldpflege und Holzernte mit Hilfe komponentenbasierter Softwaretechnologie. Schlussbericht Projekt Wald- und Holzforschungsfonds 98.03. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 71 p.
Schlussbericht des Pilotprojekts Umgang mit forstlichem Vermehrungsgut in einem sich ändernden Klima (FoVeKlim). Forschungsprogramm Wald und Klimawandel. Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 112 p.
Schätzung standortspezifischer Trockenstressrisiken in Schweizer Wäldern. Schlussbericht. 57 p.doi:10.3929/ETHZ-A-010693256
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JuWaPfl: A decision support tool to estimate times and costs of processes related to young-forest maintenance. SoftwareX 24: 101581. doi:10.1016/j.softx.2023.101581
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