• Notizen

Eibenschälung durch den Rothirsch im Kanton Zürich

Notiz

Martina Stoop1, Mario Guetg1, Livio Sorrenti1, Jürg Altwegg1, Samuel Wegmann1,*

1 Abteilung Wald, Zürich (CH)

Der Kanton Zürich hat mit rund 1% den höchsten Eibenanteil aller Schweizer Wälder. Einwanderende Hirsche schädigen diesen Nadelbaum durch Sommerschälung. Die kantonale Abteilung Wald hat deshalb Untersuchungen durchgeführt, um den aktuellen Zustand der Eiben, die Entwicklung der Schälschäden und die Folgen für diese Baumart zu dokumentieren. Mit groben Kunststoffnetzen, einem institutionalisierten Austausch zwischen Forst- und Jagdfachleuten und gemeinsamen Arbeitstagen sollen die Schälschäden vermindert werden.

Schweiz Z Forstwesen 176 (3): 166–167.https://doi.org/10.3188/szf.2025.0166

* Brunnenstrasse 1, CH- 8610 Uster, E-Mail samuel.wegmann@bd.zh.ch

Die Eibe ist die seltenste aller einheimischen Nadelbaumarten. 1% der Bäume in den Wäldern des Kantons Zürich sind Eiben: Das entspricht dem höchsten Anteil in der Schweiz. Insbesondere in den Wäldern rund um die Albiskette und im Zürcher Oberland (Forstkreise 3 und 4) gibt es bedeutende Eibenbestände. Der Erhalt dieser Bestände ist sowohl aus nationaler als auch aus gesamteuropäischer Sicht von hoher Bedeutung. Der Kanton Zürich unterstützt deshalb mit Beiträgen waldbauliche Eingriffe zugunsten älterer Eiben, die Pflanzung neuer Eiben sowie die erforderlichen Wildschutzmassnahmen. Die Eibe spielt in den steilen, bewaldeten Molasseabhängen des Albisgebietes sowie im Zürcher Oberland eine wichtige Rolle für die nachhaltige Schutzwirkung des Waldes.

Aufgrund mehrerer Faktoren sind die Eibenbestände jedoch gefährdet. Zum einen verunmöglicht der starke Verbiss durch das Schalenwild eine natürliche Verjüngung. Zum anderen werden jene Eiben, die bereits einen gewissen Durchmesser erreicht haben, durch das Rotwild geschält (Abbildung 1). Dies führt bei stammumfassenden Schälschäden zum Absterben der betroffenen Eiben.

Die ersten markanten Schälschäden im Kanton Zürich entdeckten Förster 2017 im Gebiet Säuliamt/Albis. Auch Försterinnen aus dem Tössbergland machten auf solche Schäden aufmerksam. Sie hängen ursächlich mit der Einwanderung des Hirsches in den Kanton Zürich zusammen. Die Rotwildbestände sind gemäss kantonaler Fischerei- und Jagdverwaltung im Zürcher Oberland von 52 Stück in den Jahren 2009/2010 auf ca. 210 im Jahr 2024 angewachsen. Im gleichen Zeitraum stieg die Hirschpopulation im Säuliamt von 10 auf ca. 80 Tiere mit einem Maximum von 109 Tieren im Jahr 2021.

Aufgrund der vermehrt festgestellten Schälschäden hat der Forstkreis 1 im Jahr 2018 eine Methode zur Erhebung der Eibenschälschäden entwickelt. Damit werden der Zustand und die Entwicklung der Schälschäden dokumentiert und die Folgen für die Baumart untersucht. Zudem stellt sich die Frage, wie die Eibenbestände unter den aktuellen Bedingungen erhalten werden können und welche Massnahmen die Stämme effektiv und wirtschaftlich gegen das Schälen schützen.

Methodik der Schadenaufnahmen

Basis für die Erhebung der Eibenschälschäden bilden die Stichprobenpunkte der kantonalen Kontrollstichprobeninventur (KSP). Die Schälschäden werden für alle Stichprobenpunkte in kantonalen Eibenfördergebieten gemäss Waldentwicklungsplan 2010 erhoben. Dazu werden alle Eiben innerhalb einer Kreisfläche (Radius: 17,84 m, Fläche: 0,1 ha) auf Schälschäden untersucht. Die geschälten Eiben werden dabei anhand des verletzten Umfangs in fünf Kategorien eingeteilt (kein Schaden, 25%, 25–50%, 50–75%, >75%). Zudem wird der Zustand (lebend oder abgestorben) aller Eiben vermerkt. Auch die Schälung der Wurzelanläufe wird – bezogen auf die exponierte Fläche – auf 10% genau geschätzt.

Ergebnisse: Zahl der geschädigten Eiben in drei Jahren knapp verdreifacht

Dank den beiden Aufnahmen der Schälschäden konnten sich die Verantwortlichen ein Bild der Schadensentwicklung machen. Abbildung 2 zeigt den prozentualen Anteil der Probeflächen mit Schälschäden im Forstkreis 1 für die Jahre 2018, 2021 und 2024. Es wird ersichtlich, dass 2018 auf 18% der Probeflächen (15 von insgesamt 85 Probeflächen mit Eiben) Schälschäden nachgewiesen wurden. 2021 hat sich dieser Anteil auf 22% erhöht. Die Zahl der geschädigten Eiben hat sich in diesen drei Jahren knapp verdreifacht. Die Ausbreitung der Schäden hat am Albis gemäss der Erhebung von 2024 weiter zugenommen: Auf 25% der Probeflächen wurden Schälschäden festgestellt. Zusammen mit den Stichprobenaufnahmen in den Forstkreisen 3 und 4 – 2024 zum ersten Mal erhoben – wurden 2024 total 184 Probeflächen mit Eiben beurteilt. In diesem Gebiet mit den schweizweit höchsten Eibendichten wurden auf 37% aller Probeflächen geschälte Eiben nachgewiesen.

Massnahmen zugunsten der Eibe

Aufgrund der weitgehend fehlenden Verjüngung gefährdet die Zunahme der Schälschäden den langfristigen Eibenfortbestand und reduziert die Schutzwirkung der Wälder mit Eiben deutlich. Aus diesem Grund prüfte Damian Wyrsch, Förster im Forstkreis 1, verschiedene Möglichkeiten zum Schutz der Eibe vor Schälschäden. Der Schälschutz aus einem groben Kunststoffgeflecht (z.B. WitaPro-Wildzaun) hat sich dabei bewährt. Das Geflecht kann effizient angebracht werden und erscheint sehr dauerhaft. Zudem ist das Anbringen des Geflechts auch in schwer zugänglichen Gebieten möglich. Nicht bewährt haben sich hingegen Varianten mit Verputz, Holzlatten, Kokosmatten oder ein engmaschiges Kunststoffgeflecht (z.B. Polynet). Der Verputz fällt aufgrund des natürlichen Abblätterns der Eibenrinde mit der Zeit ab. Die Montage von Schälschützen aus Holzlatten bzw. Kokosmatten ist aufwendig und für unwegsames Gelände ungeeignet. Das engmaschige Kunststoffgeflecht ist im Vergleich zum grobmaschigen aufwendiger anzubringen und kann leicht verschoben werden. Aufgrund der Bedeutsamkeit der Eibenbestände im Kanton Zürich und um deren Fortbestand sicherzustellen, unterstützt der Kanton Zürich seit Kurzem Schälschütze mit kantonalen Beiträgen.

Jagdliche Massnahmen

Der Forstkreis 1 nahm die Ergebnisse aus der Erhebung im Jahr 2018 zum Anlass, gemeinsam mit den kantonalen und örtlichen Jagdverantwortlichen Lösungen für die Problematik zu erarbeiten. Indem ein regelmässiger Austausch zwischen Forstdienst und Jagd institutionalisiert und ein gemeinsames Problemverständnis geschaffen wurde, konnten konkrete Massnahmen zum Schutz der Eiben getroffen werden. So war es z.B. möglich, die erste Hegegemeinschaft im Kanton Zürich zu bilden oder gemeinsame Treibjagden zu organisieren.

Ob Schälschäden an Eiben über eine Bestandesregulierung verhindert oder reduziert werden können, wird sich erst in Zukunft zeigen. Die kantonale Jagverwaltung schlägt vor, an gemeinsamen Arbeitstagen Schälschütze anzubringen, um den Austausch und das Verständnis weiter zu stärken.

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