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Eine bereichernde Studienreise nach Polen
Ihre Abschlussreise führte Studierende der Waldwissenschaften an der BFH-HAFL im Juli für eine Woche nach Polen. Die zukünftigen Forstfachleute gewannen Eindrücke vom Umgang des Landes mit seinen Wäldern auf dem Weg in eine resiliente Zukunft.
16.12.2024
Reisefonds de Morsier · Fonds de Morsier
Zum Auftakt informierten uns am Montag Mitarbeitende des Staatsforsts in der Nähe von Poznań über verschiedene Themen und stellten uns auf einer Exkursion konkrete Waldsituationen vor. Es ergaben sich spannende Diskussionen und ein wertvoller Austausch. Sowohl einige Ähnlichkeiten als auch etliche Unterschiede zwischen Polen und der Schweiz traten zutage.
Strategien gegen Föhrenmonokulturen
Ein Merkmal von Polens Wäldern, der uns schon auf der Hinreise beschäftigte, ist ihr hoher Föhrenanteil. Im Zweiten Weltkrieg war mit den Wäldern auch das Know-how, diese richtig zu bewirtschaften, verschwunden. Nach dem Krieg wurde ausgesät, was vorhanden war, nämlich Föhrensamen. Eine der Aufgaben des Staatsforstes besteht heute darin, eine Baumartenmischung zu fördern, die eine höhere Resistenz und Resilienz aufweist als die Föhrenmonokulturen. Die dazu angewandten Methoden unterscheiden sich teilweise stark von dem, was wir in der Schweiz kennen. Es werden sechs Methoden unterschieden, die nach ihrer Eingriffsstärke nummeriert sind, wobei die Nummer eins den stärksten mögliche Eingriff bezeichnet: den Kahlschlag. Die Methode der dritten Stufe («Swiss Cheese Method») wurde uns näher vorgestellt. Bei dieser werden kreisrunde Flächen im Bestand freigeräumt und anschliessend meist mit klimatauglichen Laubhölzern bepflanzt, um den Laubholzanteil zu erhöhen. Wenn diese Verjüngungsnester zur Dickung herangewachsen sind, wird der umstehende Bestand geräumt, und die leeren Flächen wachsen von den Nestern her wieder zu. So wird zusätzlich zur Baumartenvielfalt auch die Vielfalt der vertikalen Struktur gefördert.
Heimat von Uralkauz und Wisent
Am Mittwoch besuchten wir den Forstbezirk von Niepołomice – einer Region, die sowohl forstwirtschaftlich als auch touristisch von grosser Bedeutung ist. Michał Wieciech (Förster in Niepołomice) zeigte uns das Museum und gab uns wertvolle Informationen über die Besonderheiten des Forstbezirks Niepołomice. Dieser verfügt über sechs Naturschutzgebiete. Lipówka ist eines der wichtigsten und erstreckt sich über eine Fläche von 25 Hektaren. Es ist Heimat des Uralkauzes (Strix uralensis), der sehr selten ist in Europa, in Lipówka aber häufig vorkommt. Ein weiteres Merkmal des Forstbezirks Niepołomice ist das in der Region angesiedelte nationale Zuchtzentrum für Wisente. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Erhaltung und Wiederansiedlung der Wisente. Auch die Wisente, die im Rahmen des Projekts des Naturparks Thal in der Schweiz angesiedelt wurden, stammen aus diesem Zuchtzentrum.
Wandernd durch die Tatra
Krönender Abschluss unserer Reise nach Polen war der Aufenthalt in den Karpaten (Abbildung 1 & 2). Dort besichtigten wir zuerst das Dorf Chochołów, das mit traditionellen Holzhäusern und spannender Geschichte beeindruckt. Es wurde uns bewusst, dass sich die Traditionen in den Bergregionen der Schweiz und Polens stark gleichen. Am letzten Tag begleitete uns unser Guide dr. inż. Antoni Zięba (Ranger und Bergführer in der Tatra) auf einer Wanderung durch den Nationalpark Tatrzański. Zwar begegneten wir keinen der in der Tatra lebenden Bären oder Wölfen, konnten dafür aber einen Seeadler beobachten. Sein Nest befand sich in einer Felswand unmittelbar hinter der Grenze zur Slowakei. Der Seeadler ist das Nationaltier Polens und ganz in Weiss im historischen Wappen des Landes verewigt. Eine weitere interessante Begebenheit auf dieser Wanderung war der Vergleich von zwei Wiesen, von denen eine einmal jährlich zurückgeschnitten wird. Es ist dies neben der Sicherheitsholzerei einer der wenigen Eingriffe im Nationalpark. Die andere Wiese wird nicht zurückgeschnitten und ist ein Vorzeigeobjekt für die natürliche Sukzession.
Die Reise hat uns deutlich an Erfahrungen und Wissen bereichert. Zu sehen, wie anders der Wald und der Umgang mit ihm in einem nicht weit von der Schweiz entfernt liegenden Land sein kann, hat uns ausserordentlich beeindruckt.
Lisa Uebersax