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Einfluss des Verbisses auf die Baumverjüngung in der Schweiz: Überblick basierend auf kantonalen Daten

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Andrea Doris Kupferschmid1,2,*, Esther R. Frei3,4

1 AG Wald und Wildtiere, Schweizerischer Forstverein SFV
2 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf (CH)
3 Schweizerischer Forstverein SFV
4 WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, Davos Dorf (CH)

Abstract

Knospen und Triebe von Bäumchen sind Bestandteil der Nahrung der wildlebenden Huftiere, was einen Einfluss auf die Baumverjüngung haben kann. Wir untersuchten, wie gross der Wildeinfluss im Schweizer Wald aktuell (2020–2024) ist und ob es regionale Unterschiede gibt. Dazu verwendeten wir kantonale Daten aus gutachterlichen Erhebungen zum Wildeinfluss und aus Stichprobeninventuren. Auf rund zwei Drittel der Waldfläche wird derzeit der Wildeinfluss gutachterlich beurteilt. Je nach Klassierung der kantonalen Beurteilungsstufen liegen 46 bis 50% in Stufe 1 (keine Beeinträchtigungen der natürlichen Baumverjüngung). Dies ist deutlich weniger als noch im Jahr 2015 (68%). Der Rest liegt in den Stufen 2 bis 4 (Wirkungen auf die Qualität oder die Baumartenmischung bis hin zu Verzögerungen oder Behinderungen des Verjüngungsprozesses). Tanne und (Edel-)Laubhölzer sind besonders betroffen. In den Kantonen GL, GR und VS waren in den Stichprobeninventuren auch Fichten häufig verbissen. Hier wurden in den gutachterlichen Beurteilungen >10% der höchsten Wildeinflussstufe zugeteilt, was in diesen drei Kantonen mit «Starke Beeinträchtigung aller Baumarten» bzw. «Totalausfall der Verjüngung» umschrieben wird. Der Wildeinfluss schmälert gemäss den gutachterlichen Einschätzungen in rund der Hälfte der beurteilten Waldfläche das zukünftige Potenzial der Wälder. Inwieweit dies ihre Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel, die langfristige Schutzfunktion, die Baumdiversität und/oder die Wertholzproduktion betrifft, bleibt mit den uneinheitlich definierten Wildeinflussstufen unklar. Um differenziertere und besser vergleichbare Aussagen zu erhalten, müssten systematischere und einheitlichere Beurteilungen gemacht werden, die auch die Zukunftsfähigkeit der Baumarten berücksichtigen. Dies sollte nicht auf der Ebene Jagd- oder Forstrevier geschehen, sondern kleinräumiger, sodass Problemgebiete sichtbar und quantifizierbar werden.

Keywords: tree regeneration, ungulate browsing, herbivory, monitoring, game damage

Schweiz Z Forstwes 176 (3): 146–157.https://doi.org/10.3188/szf.2025.0146

* Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf, E-Mail: andrea.kupferschmid@wsl.ch

Wildlebende Huftiere, hauptsächlich Reh, Rothirsch und Gämse, ernähren sich unter anderem von Trieben, Knospen und Rinden der Baumverjüngung. Über den Endtriebverbiss beeinflussen sie insbesondere die Baumhöhe (Hardalau et al 2024) und die Nährstoffreserven und haben damit einen Einfluss auf den aktuellen und zukünftigen Höhenzuwachs der Bäumchen (Reimoser et al 1997). Durch selektiven Verbiss gewisser Baumarten können sie die Konkurrenzverhältnisse unter den Baumarten beeinflussen (Krueger et al 2009) und damit längerfristig die Baumdiversität (Imesch et al 2015).

Mittels der Verbissintensität (prozentualer Anteil am Endtrieb verbissener Bäumchen an der Gesamtanzahl der Bäumchen zwischen 10 cm und 130 cm Baumhöhe) kann der Wildeinfluss (die Einwirkung) auf die Baumverjüngung nicht direkt erhoben werden (Eiberle & Nigg 1987), sondern muss abgeleitet werden (Odermatt 1996). Hierzu wurden früher oft Richtwerte für die «zulässige» Verbissintensität verwendet (Odermatt 2018). Auch wenn diese an die Vegetationshöhenstufen angepasst werden (z.B. Kupferschmid et al 2015), fehlen wichtige Elemente wie die Reaktionsfähigkeit der Bäumchen und ob es lokal wirklich zu verbissbedingten Änderungen in der Rangfolge der Höhenzuwächse der Baumarten kommt (Kupferschmid et al 2019). Generell gibt es weiterhin keine objektiven, schweizweit gleich aufgenommenen Daten zur Einschätzung des Wildeinflusses. Deshalb sind gutachterliche Daten von Forstfachleuten aus der direkten Einschätzung des Wildeinflusses im Wald nach wie vor wichtig (Fehr et al 2016).

Der Wildeinfluss wird in den Kantonen unterschiedlich definiert, und die räumlichen Skalen der Ansprache sind verschieden (Tabelle 1). Hinzu kommt, dass sich die gutachterliche Einschätzung in einigen Kantonen auf lokale Feldaufnahmen stützt, die anschliessend auf eine grössere räumliche Einheit hochskaliert werden. Bei anderen ist sie eine flächige Einschätzung der Situation. Ein Zusammentragen der Daten, wie sie die Kantone aufnehmen und publizieren, hilft, die aktuelle Einschätzung der Wald-Wild-Situation aufzuzeigen und auf Lücken in den Daten bzw. auf Probleme aufmerksam zu machen. Falls möglich, geschieht dies baumartenspezifisch, damit die Resultate im Hinblick auf die Baumdiversität und die Zukunftsfähigkeit der Baumverjüngung (Temperli et al 2023) als Diskussionsgrundlage genutzt werden können (Bebi et al 2023). Viele Kantone haben in den Jahren 2020 bis 2024 keine oder keine nach Baumarten differenzierten gutachterlichen Erhebungen durchgeführt. Deshalb wurden zusätzlich kantonale bzw. regionale Verjüngungsinventuren zusammengetragen (ähnlich zu Kupferschmid et al 2015) und die Verbissintensität dargestellt.

Mit dieser Studie sollen die folgenden Fragen untersucht werden: Welche Daten zum Wildeinfluss und zur Verbissintensität sind in den einzelnen Kantonen vorhanden? Zeigen die aktuellen Daten regionale Unterschiede in der Verbissintensität bzw. im Wildeinfluss? Hat der Wildeinfluss seit der letzten Überblicksarbeit (Kupferschmid et al 2015) zugenommen? Welche Baumarten sind in welchen Regionen am meisten betroffen? Sind dies insbesondere jene Baumarten, die voraussichtlich mit dem zukünftigen Klima zurechtkommen werden?

Methoden und Datenaufbereitung

In einem ersten Schritt wurde mit einer Umfrage bei den Wald-Wild-Verantwortlichen der Kantone erhoben, in welchen Kantonen es Daten zum Wildeinfluss aus gutachterlichen Erhebungen bzw. zur Verbissintensität mittels Aufnahmen in Stichproben gibt. Je Kategorie wurde unter anderem erfragt, auf welchen räumlichen Ebenen die Daten aufgenommen werden, ob standardisierte Formulare zur Bewertung vorliegen, ob sich die Aufnahmemethoden geändert haben, z.B. um den Klimawandel besser einzubeziehen, und in welchen Jahren die erste bzw. die letzte Aufnahme durchgeführt wurde. Aufgrund der Umfrageergebnisse wurde entschieden, zur Wiedergabe der aktuellen Situation jeweils die neusten Daten aus dem Zeitraum 2020 bis 2024 zu verwenden. Da die Indikatorflächen des Kantons TI (Kupferschmid et al 2015) aufgegeben wurden, liegen von dort keine aktuellen Daten zum Verbiss oder Wildeinfluss vor. NE hat aktuelle Daten in Vergleichsflächenpaaren. Diese sind hier aber aus keinem Kanton berücksichtigt. In einem zweiten Schritt wurden die verfügbaren Daten bei den zuständigen Behörden aller Kantone angefragt und so einheitlich wie möglich zusammengestellt.

Gutachterliche Daten zum Wildeinfluss

Aktuelle gutachterliche Daten liegen von 18 Kantonen mit kantonal unterschiedlich definierten Wildeinflussstufen und unterschiedlichen räumlichen Einheiten vor (Tabelle 1). Die Beurteilungseinheiten sind oft Jagdreviere. In ZH werden zusätzlich «Problemgebiete» markiert (Good 2023), die in der vorliegenden Auswertung nicht berücksichtigt werden, weil sie keine Flächenangaben haben.

Der Wildeinfluss wird oft gutachterlich in Punktaufnahmen/Kontrollflächen beurteilt (z.B. auf NaiS-Weiserflächen, vgl. NW). Ausser in NW werden diese anschliessend auf grössere Flächen skaliert. Zur Hochrechnung auf die Gesamtwaldfläche werden oft zusätzliche Daten aus Stichproben in speziellen Waldflächen oder aus Vergleichsflächenpaaren (gezäunte vs. ungezäunte Flächen) herbeigezogen (z.B. «Beurteilung Wildeinfluss» von GR) oder die Hochrechnung wird mittels Modellen vorgenommen (BE). Die detaillierte Vorgehensweise liegt uns nicht vor, sie muss bei den einzelnen Kantonen nachgefragt werden.

Für diesen Überblick wurden die von den Kantonen verwendeten räumlichen Einheiten übernommen (kantonale Shapefiles) und keine neuen Einheiten geschaffen. Bei den Kantonen AG, BL, BS, SH, SO, TG und ZH wurden aber nicht die Gesamtflächen der Jagdreviere genutzt, sondern diese mit den Waldflächenkarten verschnitten, um die effektiven Waldflächen zu berechnen (Tabelle 3) und darzustellen (Abbildung 2). Bei VS und SG wurden uns nur die «problematischen» Flächen in Shapefiles geliefert. In Absprache mit diesen Kantonen haben wir den übrigen Wald der Wildeinflussstufe 1 zugewiesen. Von TG haben wir nur eine Zusammenstellung der Anzahl Jagdreviere je Stufe erhalten (deshalb nicht dargestellt in Abbildung 2, aber integriert in Abbildung 1 und Tabelle 3).

Der Wildeinfluss wird aktuell in fast allen Kantonen in 3 bis 4 Stufen unterteilt, wobei der geringste Einfluss der Stufe 1 zugeteilt wurde (Tabelle 1). Wir haben eine MIN-Variante kalkuliert, in der bei fehlender Stufe 4 diese mit NA («not available») notiert wurde und dementsprechend mit 0 ins Total aller Kantone der Stufe 4 einfloss (Tabelle 3). Dieses Vorgehen entspricht dem Vorgehen in Kupferschmid et al (2015), wobei damals oft die Stufe 3 fehlte und nie eine Stufe 4 vorlag (Tabelle 3). Zusätzlich haben wir eine MAX-Variante kalkuliert, in der bei fehlender Stufe 4 die höchste Stufe der Stufe 3–4 zugeteilt wurde. Der Kanton GR verwendet eine detaillierter gegliederte Wald-Wild-Bewertung mit 5 Kategorien zur Synthese seiner Teilprogramme (Vanoni 2024). Auch der Kanon TG benutzt 5 Tragbarkeitskategorien. Wir haben in der «MIN-Variante» die Kategorien 1 und 2 dieser Kantone zur Stufe 1 zusammengefasst und die anderen Kategorien entsprechend um 1 nach unten korrigiert (Kategorie 3 wurde zu Stufe 2, 4 zu 3 und 5 zu 4). In der MAX-Variante wurden hingegen die Kategorien 4 und 5 zur Stufe 4 zusammengefasst. SG ist der einzige Kanton, in dem in der Lebensraumbeurteilung1 nur unterschieden wird, ob die Verjüngungssollwerte ohne Wildschadenverhütungsmassnahmen erreicht werden können oder nicht (Grund: massgeblicher Wildeinfluss). Dort wurde deshalb «nicht erreicht» in Abbildung 2 als Stufe 2–4 dargestellt, in der MIN-Variante bei der Stufe 2 notiert und in der MAX-Variante der Stufe 3–4 zugeteilt (Tabelle 3, Abbildung 1).

Verjüngungsdaten in Stichproben in ausgewählten Waldflächen (IF)

Wir nutzten in jeder Indikatorfläche (IF) die aktuellsten uns zur Verfügung gestellten Daten aus dem Zeitraum 2020 bis 2024 (Tabelle 2). Die Daten früherer Jahre wurden aus Platzgründen nicht dargestellt. Bei diesem Vorgehen entfallen einige Flächen der Kantone GR, GL, NE, LU, VD, SZ und ZH. Obwohl die Daten der meisten Kantone aufgelöst nach unterschiedlich definierten Höhenklassen vorlagen, wurden jeweils die Daten der Baumhöhen von 10 cm bis 130 cm zusammengefasst, um eine grösstmögliche Vergleichbarkeit zwischen den Kantonen zu erreichen.

Die Verbissintensität (VI) je Baumart wurde für jede IF berechnet (vgl. Berichte zur Verjüngungskontrolle). Alle Kantone beurteilten den Verbiss mindestens an Buchen, Ahornen, Eschen, Fichten und Tannen. In den meisten Kantonen wurde zusätzlich die Eiche oder die Vogelbeere als separate Baumart beurteilt (Ei-Vb in Tabelle 2) und die weiteren Arten unter «Übrige Laubbäume» notiert. GE, GR und VD nahmen beide Arten auf. In GR war die Eiche sehr selten, und in allen TP1-Flächen (Kanton GR, Vanoni 2024) mit Eichen wurde auch die Vogelbeere bewertet, weshalb in unserer Zusammenstellung nur die Vogelbeere dargestellt wird (Abbildung 4). Das Gegenteil war für GE der Fall, weshalb die Vogelbeere weggelassen wurde. In VD war in den wenigen IF mit beiden Arten die Vogelbeere immer stärker verbissen. Dort haben wir die Anzahl Bäumchen der beiden Arten summiert und daraus die VI für «Ei-Vb» berechnet. Im JU wurde weder Vogelbeere noch Eiche gefunden. Die detaillierten Aufnahmemethoden (Radius, Neigungskorrektur, Abbruch nach 30, 60 oder 100 Bäumchen, Anzahl Probeflächen je Waldfläche usw.) variierten je nach Kanton und Aufnahmejahr (vgl. Informationen in Tabelle 2). Die Verbissansprachen wurden überall im Frühling durchgeführt, ausser in GR, wo im Herbst beurteilt wurde, weshalb hier der Vorjahresverbiss verwendet wurde.

Zur Untersuchung von Differenzen zwischen den Baumarten und Kantonen wurden Kruskal-Wallis-Tests mit den Daten je IF durchgeführt. Anschliessend wurden Wilcoxon-Tests (pairwise.wilcox.test) zur Unterscheidung jeweils zweier Arten bzw. zweier Kantone gemacht (Signifikanzlevel p < 0.01). Dabei wurden nur Kantone mit mehr als 20 IF gegeneinander getestet (Tabelle 2). 

Tab 2 Informationen zu den Stichprobeninventuren. Die Probeflächen (PF) sind entweder systematisch über den Kanton verteilt (Syst. bei Methode und grau hinterlegt) oder in ausgewählten Waldflächen angelegt (IF: Indikatorflächen; TP1: Teilprogramm 1). Bei den systematisch verteilten PF ist zusätzlich das Netz angegeben. Alle PF sind Kreise mit dem angegebenen Radius (bei «2 oder 5» gilt in der Regel 2 m in den Tieflagen bzw. 5 m in den höheren Lagen). Meist wurde nicht der Vollkreis aufgenommen, sondern artunabhängig nach einer bestimmten Anzahl Bäumchen abgebrochen (Abbruch), wobei z.T. bis zu einem runden Winkel (z.B. ¼) fertig gezählt werden muss. Unter Ei-Vb wird angegeben, ob entweder die Eiche (Ei), die Vogelbeere (Vb) oder die Summe der beiden Arten (Ei-Vb) in Abbildung 3 und Abbildung 4 integriert sind. Der Kanton FR hat versetzt zum Netz des Schweizerischen Landesforstinventar jeweils 5 PF angelegt und zusätzlich Transekte mit PF.

Verjüngungsdaten in systematisch verteilten Stichproben

In den Kanton FR, NE, SZ, OW, AI und AR wurden die Stichproben systematisch über die Waldfläche des Kantons angelegt (Tabelle 2). Die Daten aus NE werden nicht dargestellt, weil sie aus dem Jahre 2018 stammen und damit zu alt sind.

Statt je IF wurden hier die baumartenspezifischen VI je Region berechnet. In FR wurden in der Region Mittelland die Eichen aufgenommen (2–3 m Radius), in den Voralpen hingegen die Vogelbeeren (5 m Radius). Für diese Analysen wurden die beiden Arten ohne Flächenkorrektur je Forstkreis addiert (Ei-Vb), also die effektiv beurteilen Bäumchen betrachtet. Die anderen Kantone beurteilten nebst Buchen, Ahornen, Eschen, Fichten und Tannen nur die Vogelbeeren separat (Tabelle 2).

Zur grafischen Darstellung in Abbildung 4 wurden in FR die Forstkreise eingefärbt. Bei den anderen Kantonen wurde mittels der Koordinaten der Probeflächen ein Polygon gezeichnet, auf den Kanton zugeschnitten (R-Funktion st_intersection) und die anderen Einheiten ausgeschnitten (st_difference). Dabei wurde nicht auf die Waldfläche reduziert. Statistische Tests wurden analog zu den Verjüngungsdaten in IF durchgeführt.

Resultate

Viele Kantone erheben sowohl Daten in Stichproben als auch gutachterliche Daten (Tabellen 1 und 2). Auffällig ist, dass die meisten Kantone mit systematisch verteilten Stichproben keine gutachterlichen Daten erheben. Eine Ausnahme bildet OW, der basierend auf systematischen Stichproben, gutachterlichen Erhebungen auf Weiserflächen und gutachterlicher Überarbeitung durch die Forstdienste eine WWKL-Karte2 generiert (Abbildung 2). Ein Pilotversuch in einem Forstkreis in FR ist hier nicht dargestellt.

Gutachterliche Daten zum Wildeinfluss

Die gutachterlich auf Verbiss beurteilte Waldfläche umfasst 886 943 ha, also 69.8% der gesamten Schweizer Waldfläche3. Sie hat gegenüber dem Überblick aus dem Jahre 2015 (812 724 ha, Kupferschmid et al 2015) um rund 74 000 ha zugenommen. Differenzen entstanden insbesondere durch die neuen Beurteilungen der Kantone SG, TG und VD (Tabelle 3) und weil GR und NW andere Beurteilungseinheiten nutzen und damit nicht mehr dieselbe Waldfläche betrachten.

Viele Kantone haben ihre gutachterlichen Beurteilungen des Wildeinflusses in den letzten Jahren nach den Auswertungen von Kupferschmid et al (2015) angepasst. So haben z.B. drei Kantone von nur 2 Stufen auf neu 3 oder sogar 4 Stufen gewechselt (Tabelle 3). Einige gewichten in ihrer Stufenzuteilung gewisse Baumarten stärker als andere (Tabelle 1). Die «Klimafitness» der Arten berücksichtigen gemäss Umfrage mindestens BE (Höhenstufenverschiebung als zusätzliche Beurteilungsspalten ins Formular eingebaut), VS (Tree-App-Empfehlungen beachtend), ZH (Berücksichtigung Klimawandel im Waldbauziel) und teilweise LU und SO (es liegt an den Förstern, die Hauptbaumarten zu bestimmen, bei einigen flossen Überlegungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ein). Dies ist insofern entscheidend, als z.B. in BE mit der neuen Beurteilung, in der die Baumartenvielfalt und der Klimawandel berücksichtigt werden, mehr Waldflächen den höheren Wildeinflussstufen zugeteilt wurden als mit der bisherigen (BE resilient vs. BE standard in Tabelle 3).

Tab 3 Tragbarkeit des Wildeinflusses gemäss kantonalen gutachterlichen Beurteilungen. Beurteilte Waldflächen (WF) und prozentuale Anteile je Wildeinflussstufe. Die Definition der Stufen variiert zwischen den Kantonen (siehe Tabelle 1), weswegen eine MIN- und eine MAX-Variante dargestellt ist (Details siehe Methoden). Die prozentualen Werte sind sowohl für die aktuellen Jahre (Spalte Jahr) als auch für die Beurteilungen der Jahre 2011–2014 aus Kupferschmid et al (2015) für diese Kantone wiedergegeben. In BE sind zur Vergleichbarkeit die Beurteilung mit der bisherigen Methode (BE standard; grau) und jene mit der aktualisierten Methode, in der nur zukünftig standortgerechte Baumarten der Verjüngung beurteilt werden (BE resilient), angegeben. Für die aktuelle Gesamtwaldbeurteilung wurde BE resilient verwendet. Die Gesamtwaldflächen von BS, JU, TG und VS stammen aus derForststatistik 2023(www.bfs.admin.ch/asset/de/32089167),die anderen Flächen sind kantonale Angaben. Falls eine Stufe nicht vorhanden ist, steht NA.

Die Hälfte der gutachterlich beurteilten Waldfläche der Schweiz liegt in der MIN-Variante in der Einflussstufe 1 (Abbildung 1). Das sind 26% weniger als vor gut 10 Jahren. Zugenommen haben insbesondere die Waldflächen in den Stufen 3 und 4, also mit hohem Wildeinfluss. Dies ist besonders in GL, GR, LU, NW, OW, SO und VS der Fall (Tabelle 3). Hingegen hat es in AG und BL/BS (und BE standard) aktuell mehr beurteilte Waldfläche in Stufe 1 als 2011 bis 2014 (Tabelle 3).

Die Unterschiede zwischen der MIN- und der MAX-Variante (Abbildung 1) liegen einerseits in einem etwas kleineren Anteil an Flächen in Stufe 1 in der MAX-Variante, was auf die Zuordnung von Kategorie 2 von GR und TG zurückzuführen ist (Tabelle 1), die bei MAX der Stufe 2, bei MIN jedoch der Stufe 1 zugeteilt wurde (vgl. Methoden). Andererseits ist der Anteil Flächen in Stufe 4 infolge der GR-Kategorie 4 (Tabelle 1) 4 Prozentpunkte grösser. In TG hingegen wurde aktuell kein Jagdrevier mit den kantonalen Stufen 4 und 5 beurteilt (Tabelle 1). Da zudem SG in der MAX-Variante der Stufe 3–4 zugeteilt wurde (statt der Stufe 2 wie in der MIN-Variante), liegen in der MAX-Variante total 27% der Fläche in den Stufen ≥ 3, während es in der MIN-Variante 21% sind.

Von den gutachterlich beurteilenden Kantonen liegt nur JU einheitlich in derselben Stufe 1 (Abbildung 2). Die übrigen Kantone verzeichneten zumindest lokal Wildeinfluss der Stufen 2, 3 oder 4. Es gibt aber in allen Kantonen auch Waldflächen, in denen der Wildeinfluss gering ist (Stufe 1). Die Stufen 2 und 3 kommen räumlich stark geklumpt vor. In den Gebirgskantonen scheinen besonders die mittleren Höhenlagen betroffen, hingegen weniger die subalpine Vegetationshöhenstufe. In weiten Teilen des Engadins, der UR-, SG-, BE- und VD-Alpen sowie der Unterwalliser Alpen scheint sich der Wildeinfluss in den obersten Lagen derzeit auf Nebenbaumarten zu beschränken (Stufen 1–2), weil die oft bestandbildende Fichte dort aktuell kaum vom Wildeinfluss betroffen ist. Aber stellenweise (VS, GL, GR) tritt die Stufe 4 bis an die obere Waldgrenze auf (Abbildung 2). Dort sind also alle Baumarten vom Wildverbiss betroffen (siehe Stufendefinition in Tabelle 1) und damit die Verjüngung als Ganzes. Anzumerken ist, dass auf Ebene Jagdrevier in SO kein Gebiet der Stufe 4 zugeteilt wurde. Würden aber Problemgebiete wie in VS ausgeschieden, dann gäbe es die Stufe 4 auch in SO (mündliche Mitteilung L. Jost).

Für die Kantone BL, SH und ZH liegen gutachterliche Daten je Baumart vor (Tabelle 4). Diese Kantone beurteilen ganze Jagdreviere. ZH hatte über alle Baumarten die höheren prozentualen Anteile in den Stufen 2 und 3 als SH und BL. Dies zeigt sich bei allen Arten ausser der Föhre und der Lärche, die in SH mit nur 16% in Stufe 1 deutlich mehr betroffen sind als in ZH. Die Buche war mit 93–100% in Stufe 1 die am wenigsten vom Wildeinfluss betroffene Baumart, gefolgt von der Fichte mit 77–84% in Stufe 1. Sehr unterschiedlich beurteilt wurde die Esche mit 43% in Stufe 1 in ZH gegenüber 91% in BL. Die Tanne wurde in keinem einzigen Jagdrevier von ZH in Stufe 1 beurteilt und zu 42% in Stufe 3. Sie ist damit gemäss diesen Beurteilungen die am stärksten von Wildeinfluss betroffene Baumart (Tabelle 4). Dahinter folgt die Eiche mit 17–38% in Stufe 3, was heisst, dass durchschnittlich in ungefähr jedem vierten Jagdrevier die Eiche untragbar stark verbissen wird.

Tab 4 Tragbarkeit des Wildeinflusses pro Baumart gemäss gutachterlicher Beurteilung für die Kantone BL, SH und ZH. Stufendefinitionen analog Tabelle 1. SH beurteilt statt Eiche und übrige Laubbäume die Baumarten Eiche, Kirsche, Hagebuche und Linde zusammen, und auch Lärche und Föhre werden gemeinsam beurteilt. Die Farben der Stufen entsprechen denjenigen der Abbildung 1.

Verjüngungsdaten aus Stichproben

In den 286 Indikatorflächen war die Fichte die signifikant am wenigsten verbissene Baumart, gefolgt von Buche (p < 0.01; Abbildungen 3 und 4). Die Weisstannen und Eschen wurden klar häufiger verbissen als die Buchen, Ahorne noch öfter. Eiche sowie Vogelbeere (Abbildung 5) waren die signifikant am meisten verbissenen Baumarten.

Nur die Kantone GR, TG, VS und ZH haben aktuell mehr als 20 Indikatorflächen (Tabelle 2) und konnten somit untereinander statistisch verglichen werden (rot in Abbildung 3). Über alle Baumarten hinweg hatte GR deutlich mehr Verbiss als VS, TG und ZH. Zudem hatte VS tendenziell mehr Verbiss (p = 0.018) als TG, nicht aber als ZH. Wird nur Ahorn oder Vogelbeere betrachtet, gab es ebenfalls mehr Verbiss in GR als in VS (Abbildungen 3 und 4). Bei Fichte, Buche, Tanne und Lärche hingegen fanden wir keine signifikanten Differenzen zwischen VS und GR. Ahorne und Buchen wurden in GR deutlich häufiger verbissen als in ZH. Bei Eiche, Fichte, Tanne und Esche fanden wir keine Unterschiede zwischen GR und ZH. Weiter wurden Fichte, Ahorn und Esche in GR deutlich häufiger verbissen als in TG, die Tanne tendenziell ebenfalls. Unterschiede je Baumart zwischen VS, ZH und TG wurden nicht getestet, da über alle Baumarten hinweg keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen Kantonen vorlagen.

Die IF liegen meist in Problemgebieten oder an Standorten, an denen die Wald-Wild-Situation nicht von allen Akteuren gleich beurteilt wird. Es wäre deshalb zu erwarten, dass sie eine höhere VI je Baumart aufweisen als die systematisch über einen Kanton verteilten Stichproben. Dies scheint aber für keine Baumart der Fall zu sein (Abbildung 4).

Bei den Kantonen mit systematisch über den Kanton verteilten Stichproben wies FR weniger Verbiss auf als SZ und tendenziell weniger als AI (p = 0.025) und AR (p = 0.013). SZ hatte mehr Verbiss als OW. Da es sich jeweils nur um zwei bis fünf Regionen handelt, wurde auf eine Analyse der Unterschiede zwischen den Kantonen auf Artebene verzichtet.

Diskussion

In mehr als zwei Drittel der Schweizer Waldfläche wurde in den Jahren 2020 bis 2024 eine gutachterliche Beurteilung des Wildeinflusses durchgeführt. Die gutachterlichen Daten stammen aus unterschiedlichsten Quellen mit sehr variablem Detaillierungsgrad und basieren auf unterschiedlichen Definitionen der Stufen (Tabelle 1). Dennoch sind sie insgesamt aktueller, detaillierter, nachvollziehbarer und kleinräumiger als noch beim Überblick aus dem Jahr 2015. Es gibt allerdings immer noch Kantone, die ganze Jagd- oder Forstreviere beurteilen, so AG, BS/BL, SH, SO, TG und ZH. Insbesondere hat sich aber geändert, dass SG der einzige Kanton ist, der aktuell nur zwei Wildeinflussstufen kennt. Alle anderen Kantone scheiden drei oder vier Stufen aus. Die Einteilung in die Stufen variiert allerdings immer noch stark je nach Kanton, wobei doch einige, ähnlich wie Fehr et al (2019), in Einfluss auf die Baumartenmischung (Stufen 2 und 3) und Einfluss auf die Stammzahlentwicklung (Stufe 4) unterteilen (Tabelle 1).

Die MIN- und die MAX-Variante des Wildeinflusses wurden aufgrund der uns vorliegenden kantonalen Daten ausgeschieden. Wir möchten aber betonen, dass diese keinesfalls den «minimalsten» bzw. den «maximalsten» effektiven Einfluss wiedergeben. Erstens sind die räumlichen Skalen der Beurteilungen entscheidend. So können z.B. in ZH und TG Problemgebiete innerhalb der Jagdreviere ausgeschieden werden (Tabelle 1). Ein Teil des Forstpersonals bevorzugt es daher, den Einfluss im gesamten Revier als «tragbar» zu beurteilen und sich auf Problemgebiete zu konzentrieren, die sie mit den Jagdpächterinnen und -pächtern angehen können. Da wir diese Problemgebiete auch bei der MAX-Variante nicht einbeziehen konnten, wird in solchen Revieren der Wildeinfluss klar unterschätzt. Solothurn hat an einigen der repräsentativen Stellen, wo der Wildeinfluss beurteilt wird, die Stufe 4. Aber durch die Skalierung auf Revierebene werden diese Gebiete ausgemittelt/verwischt. Generell gilt: Je grösser die räumlichen Einheiten gewählt werden, desto einheitlicher und damit tiefer fällt der Wildeinfluss aus. Dies bedeutet wiederum, dass die Kantone mit der Wahl der räumlichen Einheit das vorliegende Resultat und kantonsinterne Wald-Wild-Diskussionen beeinflussen. Hinzu kommt, dass mit kleineren Einheiten eine Hochskalierung weitgehend hinfällig würde. Zweitens werden vom Bund oder kantonsintern Wald-Wild-Konzepte verlangt, wenn Schadenschwellen überschritten sind (z.B. 25% der Waldfläche, BAFU 2010). Die damit verbundenen Herausforderungen können die gutachterliche Beurteilung beeinflussen, wie von mehreren Kantonen bestätigt wurde. Drittens ist die Beurteilung, ob das waldbauliche Ziel erreicht wird, meist nicht einfach. Denn die Verjüngung wächst oft langsam auf und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Damit spielt die subjektive Wahrnehmung eine Rolle. Weiter ist wichtig, welche Funktionen ein Wald hat. Ist Schutzwald vorrangig, stehen eher Baumartenmischung, Verlangsamung der Sukzession und Einfluss auf die Stammzahl im Vordergrund, während es in anderen Wäldern in erster Linie die Einbussen bei der Qualität sind. Hier wäre eine schweizweite Vereinheitlichung der Stufeneinteilung zentral für eine vergleichbare Beurteilung.

Wichtig ist zudem anzumerken, dass die Farbgebung und die Bezeichnung der Stufen in diesem Artikel nicht denjenigen der Kantone entsprechen. Ein Orange auf unserer Karte entspricht also nicht zwingend einem Orange auf der kantonalen Karte. Somit ist der aktuelle Überblick eine Sammlung von Waldflächen mit kantonal unterschiedlich definiertem niedrigstem (Stufe 1) bis höchstem (Stufe 4) Wildeinfluss.

Prozentual über die gesamte Schweiz wurden in der MIN-Variante 50% der niedrigsten Einflussstufe zugeteilt, in der MAX-Variante 46% (Abbildung 1). Dies bedeutet umgekehrt, dass in rund der Hälfe der Schweizer Wälder mindestens eine Nebenbaumart bzw. die zukünftige Mischung der Wälder und/oder die Qualität von Wildeinfluss zumindest teilweise betroffen ist (da z.T. bei Stufe 2 «unsicher», «knapp befriedigend» oder «kritisch» steht; vgl. z.B. BE, BS/BL, OW, Tabelle 1). Dies ist klar mehr als noch vor 10 Jahren, als dies nur für einen Drittel der Fläche zutraf (Abbildung 1).

Zugenommen haben insbesondere die Waldflächen in den Stufen 3 und 4, in denen einzelne Hauptbaumarten oder alle Baumarten vom Wildeinfluss betroffen sind bzw. das Bestockungsziel nur mit besonderen Massnahmen oder gar nicht mehr erreicht werden kann. Aktuell liegen je nach Zuteilungsvariante zwischen 21 bis 27% der beurteilten Schweizer Waldfläche in den Stufen ≥3 (Abbildung 1).

Die Verbisshäufigkeit hat nicht bei allen Baumarten schweizweit zugenommen (Kupferschmid & Abegg 2025). Gleiches gilt für den Wildeinfluss (Tabelle 3). Der Verbiss war und ist kein gleichmässig verteiltes Phänomen, sondern tritt lokal (Abbildung 2) und pro Baumart (Abbildung 4) sehr unterschiedlich auf. Allerdings sind gerade Baumarten, von denen wir annehmen, dass sie mit dem zukünftigen Klima (besonders) gut zurechtkommen werden (TreeApp4, Temperli et al 2023), bei den wildlebenden Huftieren meistens sehr beliebt (Kühl et al 2021), wie auch die vorliegenden Daten zeigen (Abbildung 4). Dies führt dazu, dass Försterinnen und Förster – aus unserer Sicht zu Recht – heute vielerorts dieselben Flächen anders einschätzen, d.h., die klimafitten Baumarten gezielt beurteilen (z.B. BE-Beurteilung; Tabelle 3). Die vielen Flächen in den Stufen 2 und 3 zeigen, dass das Wild vielerorts einen Einfluss auf klimaangepasste Waldbewirtschaftungsstrategien hat. Dies steht im Einklang mit einem kürzlich veröffentlichen Review (Champagne et al 2021). Hinzu kommt, dass die Verbisshäufigkeit nun in vielen Gebieten schon seit Jahrzehnten anhaltend hoch ist (Kupferschmid & Abegg 2025) bzw. der Wildeinfluss als beeinflussend (Stufen 2–4) taxiert wird (Tabelle 3) und somit zunehmend Langzeitfolgen der Entmischung sichtbar werden (Bebi et al 2023).

In einigen Indikator- bzw. TP1-Flächen (GR) wurden 10 bis 25% der Fichten oder sogar mehr als ein Viertel aller Fichten verbissen (Abbildung 4). Dies, obwohl die Fichte normalerweise die am wenigsten oft verbissene Art ist (Gill 1992), was auch die Stichprobendaten belegen (Abbildung 3). Dort, wo die Fichte eine der zukunftsfähigen Baumarten ist, wirkt der Wildeinfluss einerseits auf die Baumartenmischung (die anderen Arten werden noch stärker verbissen sein), insbesondere aber auf das Aufwachsen der gesamten Baumverjüngung. Es erstaunt deshalb nicht, dass gerade die Gebirgskantone GL, GR und VS mehr als 10% ihrer Waldfläche der Stufe 4 zuteilen, was in diesen Kantonen mit starker «Beeinträchtigung aller Baumarten» bis «Totalausfall der Verjüngung» umschrieben wird (Tabelle 1). Die Verzögerung des in Bergwäldern ohnehin schon langsamen Verjüngungsprozesses kann die Resilienz von Schutzwäldern beeinträchtigen und teure technische Verbauungen zur Erhaltung der Schutzfunktion erforderlich machen (Zürcher-Gasser et al 2023).

Im Mittelland und im Jura waren insbesondere viele Edellaubhölzer vom Wildeinfluss betroffen (Tabelle 4). Da Verbiss die Stammqualität reduziert (Eiberle 1978; Wallgren et al 2014), hat das auch einen negativen Einfluss auf die (Wert-)Holzproduktion (Hardalau et al 2024). Der Wildeinfluss schmälert deshalb in vielerlei Hinsicht das zukünftige waldbauliche Potenzial – und dies, gemäss gutachterlicher Beurteilung, in rund der Hälfte des beurteilten Schweizer Waldes.

Abschliessend soll darauf hingewiesen werden, dass Wildverbiss und Wildeinfluss multifaktoriell bedingt sind, wobei die Bestandgrösse wildlebender Huftierarten ein wichtiger Faktor ist. Abiotische Faktoren, menschliche Störungen, die Erschliessung der Wälder, viele dunkle und eintönige Wälder mit wenig alternativem Nahrungsangebot und kein flächiges Vorkommen von Grossraubtieren sind weitere sehr wichtige Faktoren, weshalb sich die wildlebenden Huftiere an gewissen Standorten im Wald besonders oft aufhalten und dort auch verstärkt die Verjüngung verbeissen.

Über alle Baumarten hinweg sowie bei Ahorn und teilweise Buche, Esche oder Fichte war der Verbiss in den TP1-Flächen in GR deutlich höher als in den Indikatorflächen von VS, TG und ZH. Ob auch der Wildeinfluss in GR deutlich höher ist als in VS, lässt sich mit den vorliegenden Daten nicht abschliessend beantworten, da sich die Beurteilungsmethoden der Kantone zu stark unterscheiden. Zur Ableitung lösungsorientierter Massnahmen bei Wald-Wild-Konflikten wären aber aussagekräftige, räumlich-zeitlich vergleichbare Daten zentral.

Wir empfehlen deshalb, dass sich die Kantone zukünftig vermehrt absprechen bezüglich des Monitorings des Wildeinflusses. Da viele Kantone die Zukunftsfähigkeit der Baumverjüngung in ihren Bewertungssystemen noch nicht explizit berücksichtigen, wäre dies ein optimaler Zeitpunkt für eine schweizweite Vereinheitlichung der Methodik. Dabei sollten die Beurteilungen baumartenspezifisch geschehen, unter Berücksichtigung einheitlicher Kriterien sowie in ähnlich ausgeschiedenen und möglichst kleinen räumlichen Beurteilungseinheiten.

Dank

An alle Verantwortlichen der Kantone, die uns die Daten zur Verfügung gestellt und die zur Erhebung der Daten beigetragen haben. An die Arbeitsgruppe Wald und Wildtiere des Schweizerischen Forstvereins für die Unterstützung der Datenbeschaffung. An zwei Reviewende sowie allen, die eine frühere Version kommentiert und diesen Artikel damit massgeblich verbessert haben. Die Erstellung dieses Überblickes erfolgte im Auftrag des SFV. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den Autorinnen.

Eingereicht: 20. Januar 2025, akzeptiert (mit Review): 18. März 2025

Fussnoten

LRB 2021–2022. Anleitung Vollversion (1379 kB, PDF),bit.ly/LRB_2021_2022

Schweizerische Forststatistik 2023,www.bfs.admin.ch/asset/de/32089167

Baumartenempfehlungen im Klimawandel: Tool für Standortbestimmung und Baumartenempfehlung,www.tree-app.ch/

Datenquellen

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