• Notizen

Entwicklung der Strukturen im Berner Körperschaftswald

Notiz

Andreas Bernasconi1,*

1 Pan Bern AG, Bern (CH)

Der Verband Berner Waldbesitzer und das Amt für Wald und Naturgefahren unterstützen in ihrer Entwicklungsstrategie Waldwirtschaft 2030 Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer dabei, zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, um die Waldleistungen langfristig und marktwirtschaftlich zu erbringen. Kernstück dieser gemeinsamen Strategie ist die Stärkung der betrieblichen Strukturen. Ausgangspunkt der Entwicklungsprozesse sind meist vielfältige Strukturen. Für die künftige Organisation steht eine Vielzahl von Geschäftsmodellen zur Verfügung. Die Beispiele zeigen, dass die diversen Herausforderungen des Prozesses erfolgreich gemeistert werden können.

* Hirschengraben 24, Postfach, CH-3001 Bern, E-Mail andreas.bernasconi@panbern.ch

Häufige Auslöser für betriebliche Entwicklungsprozesse sind grössere Veränderungen, beispielsweise die Pensionierung eines Försters oder einer Betriebsleiterin. Gegenstand dieser Prozesse sind die Überprüfung und Optimierung der betrieblichen Strukturen und Abläufe. Das kann etwa zur Optimierung der Abläufe und Instrumente bei Leistungsvereinbarungen zur Bewirtschaftung von Wäldern von Dritten führen. Eine Erweiterung oder Anpassung der Strukturen kann z.B. die Schaffung einer neuen Organisationsform oder die Anpassung der Rechtsform bedeuten. Nachfolgend sind sechs Beispiele aus dem Körperschaftswald im Kanton Bern beschrieben.

Charakterisierung typischer Strukturen

Die beschriebenen Erfahrungen basieren auf den Analysen von sechs Waldorganisationen, die in den letzten Jahren einen Optimierungs- und/oder Reorganisationsprozess vollzogen haben. In allen sechs Beispielen sind Körperschaften des öffentlichen oder privaten Rechts Träger und Eigentümerin der Organisation (Tabelle 1). In vier Fällen wurde die Organisationsform angepasst.

Tab 1Sechs Waldorganisationen im Eigentum von Körperschaften, mit abgeschlossenem oder laufendem Entwicklungsprozess. * Forstbetrieb: Organisation mit eigenem Forstbetrieb (Personal und Maschinen); Waldunternehmen: Organisation ohne eigenen Forstbetrieb; ** Angabe per 1. Januar 2025; *** beteiligte Körperschaften bei Gründung der Organisation.

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Die Frage nach der passenden Organisation ist eng verknüpft mit der Frage nach dem passenden Geschäftsmodell. Im Geschäftsmodell werden das Was (Angebot an Produkten und Dienstleistungen) mit dem Wer (Kundinnen und Kunden) und dem Wie (Prozesse, Kostenstruktur und Ertragsquellen) verknüpft (Osterwalder & Pigneur 2021). Abbildung 1 zeigt idealtypisch die Vielzahl an Aspekten und möglichen Varianten der Umsetzung sowie drei Archetypen der Organisation im Körperschaftswald.

Die Frage der Rechtsform stellt sich in der Praxis schon recht früh. Gemäss dem Leitsatz von Alfred J. Chandler, «Structure follows Strategy», sollte dieses Strukturelement der inhaltlichen Ausrichtung nachgelagert sein. Die Rechtsform hat jedoch auf viele Abläufe, die die Organisation bestimmen, einen unmittelbaren Einfluss. Jede Organisation ist ein Kompromiss zwischen unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Anforderungen und Erwartungen. Sofern privatrechtliche Körperschaften an der künftigen Organisation beteiligt werden sollen, wird in der Regel auch die Rechtsform privater Natur sein (z.B. GmbH oder Aktiengesellschaft).

Besonderheiten und Erfolgsfaktoren

Alle eingangs erwähnten Körperschaften verfügen über eine jahrzehntelange Tradition in der Waldbewirtschaftung. Verantwortung und Engagement für eine nachhaltige Waldentwicklung sind prägend. Dieses kulturelle Erbe gilt es in passender Weise in die neue Organisationsform zu übertragen – etwa durch Anerkennung von Rechten und durch Sicherung gemeinschaftlicher Entscheide (Ostrom 1999).

In vielen Körperschaften ist die Exekutive (z.B. Rat) zugleich auch die zuständige Forstkommission. Je nach Portfolio der Körperschaft ist der Wald zudem ein ständiges Traktandum in den Sitzungen. Viele forstliche Entscheide werden im Rat diskutiert. Dies führt oft zu komplizierten Abläufen bei der Entscheidungsfindung, was aus betriebswirtschaftlicher Sicht ineffizient ist. Bei der Reorganisation der betrieblichen Strukturen ist dieser Umstand ein zentraler Aspekt: Das Interesse am gemeinschaftlichen Gut soll erhalten bleiben. Gleichzeitig soll der betriebliche Handlungsspielraum erweitert und die Entscheidungskompetenz der Betriebsleitung erhöht werden. Zudem sollen operatives und strategisches Management entflochten werden. Leitbild, Pflichtenhefte, Unterschriftenregelungen und Aufgabenmatrizen sind Instrumente dazu (Schedler et al 2016).

Gewichtung unterschiedlicher ​​​​​​​Perspektiven berücksichtigen

In den beschriebenen Waldorganisationen treffen drei unterschiedliche Perspektiven aufeinander: die Sicht der Körperschaften (Waldeigentümerinnen), jene der Kunden (z.B. des Kantons bei der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben) und die Anliegen einer effektiven Waldbewirtschaftung (Betriebsleitung). Jede Organisationsform bringt Vor- und Nachteile mit sich. In Tabelle 2 sind diese unterschiedlichen Sichtweisen anhand häufig eingebrachter Argumente dargestellt; je nach Perspektive werden diese unterschiedlich gewichtet. Im Entwicklungsprozess wird mittels einer Triangulation eine optimale Lösung gesucht, die alle Perspektiven berücksichtigt.

Tab 2In der Waldorganisation treffen drei unterschiedliche Perspektiven aufeinander.

Fazit

Körperschaften sind vor Ort verankert und verfügen über eine lange Tradition in der Pflege und Bewirtschaftung ihrer Güter. Sie verbinden lokales Wissen, Identität und Verantwortung zugunsten einer nachhaltige Ressourcennutzung. Wenn es gelingt, diese übergeordneten Werte mit den Vorzügen einer effizienten und wirkungsorientierten Organisation der Waldbewirtschaftung zu verbinden, ist ein wichtiger Beitrag zur Überwindung der «Tragik der Allmende» (Ostrom 1999) geleistet.

Literatur

  • Osterwalder A, Pigneur Y (2011)

    Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Frankfurt: Campus Verlag. 285 p.

  • Ostrom E (1999)

    Die Verfassung der Allmende. Jenseits von Staat und Markt. 1. Auflage. Tübingen: Mohr Siebeck. 316 p.

  • Schedler K, Müller R, Sonderegger RW (2016)

    Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen. Bern: Haupt Verlag. 323 p.

  • Zwicky F (1989)

    Morphologische Forschung. Wesen und Wandel materieller und geistiger struktureller Zusammenhänge. Neuauflage. Glarus: Baeschlin. 132 p.

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