• Notizen

Hilfe zur Selbsthilfe – der Weg zu einer zukunftsfähigen Berner Waldwirtschaft

Notiz

Torben Claas1,*

1 Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Bern, (CH)

Der Kanton Bern zeichnet sich durch die grosse Vielfalt seiner Wälder und seiner Waldwirtschaft aus. Einen bedeutenden Teil der waldwirtschaftlichen Landschaft machen öffentlich-rechtliche Körperschaft aus mit zum Teil suboptimalen Bewirtschaftungsstrukturen. Im Berner Waldgesetz von 1997 sind die Grundsätze der Waldpolitik verankert, die auf die Erbringung gesellschaftlich gefragter Waldleistungen durch eine unternehmerisch handelnde Waldwirtschaft abzielen. Trotz erkannter ökonomischer Schwierigkeiten liefen die Bemühungen zur Verbesserung lange ins Leere. Erst durch die 2015 vom Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) und dem Verband Berner Waldbesitzer (BWB) verabschiedete Entwicklungsstrategie Waldwirtschaft änderte sich dies. Seither unterstützt das AWN die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer mit Förderprogrammen nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe unter anderem in Form einer externen Unternehmensberatung. Mit dem Blick in die Zukunft ist ein breiter Kulturwandel ein zentraler Faktor für den Erfolg der Waldpolitik.

* Laupenstrasse 22, CH-3008 Bern, E-Mail torben.claas@be.ch

Bedeutende Herausforderungen für den Wald und das Waldumfeld führen zu einer Entwicklung der Waldpolitik. Diese erfolgt idealerweise durch einen breiten politischen Prozess (Schmidt 2018). So war es auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Waldwirtschaft, die in den 1960er-Jahren begannen und sich den 1980er-Jahren verstärkten (Heinimann 2016).

Beim Erlass des Berner Waldgesetzes1 im Jahr 1997 wurde mit dem bemerkenswerten Artikel 2 der Herausforderung Rechnung getragen und die Waldpolitik entsprechend ausgerichtet. Die Grundsätze der bernischen Waldpolitik zielen im Kern auf die Erbringung der gesellschaftlich nachgefragten Waldleistungen durch eine unternehmerisch handelnde Waldwirtschaft ab (Art. 2 Abs. 1 Bst. a KWaG). Damit verbunden ist eine klare Trennung von kantonalen und betrieblichen Aufgaben, die im Gesetz mit einer abschliessenden Aufzählung der Aufgaben des kantonalen Forstdienstes ihren Ausdruck findet (Art. 38 ff. KWaG). Die Waldbewirtschaftung (Art. 8 KWaG) und die Bildung von betrieblichen Organisationen sind Sache der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer. Dennoch hat das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) in seiner Fachstrategie Waldwirtschaft2 eine klare Richtung für Gebiete mit grösserem öffentlichem Waldeigentum und für Gebiete mit kleinstrukturiertem Waldeigentum aufgezeigt: die Bildung leistungsfähiger Forstbetriebe und Waldunternehmen. Abbildung 1 stellt den mit der Berner Waldpolitik angestrebten Zustand der Zusammenhänge zwischen Gesellschaft, Staat und Waldwirtschaft in einem vereinfachten Systembild dar.

Erkannter Handlungsbedarf und gemeinsamer Weg

Die ökonomischen Schwierigkeiten der Waldwirtschaft in der Schweiz und im Kanton Bern sind seit Jahrzehnten bekannt. Während sich die Lage auch durch Sturmereignisse wie Lothar (1999) weiter zugespitzt hat, ist der Prozess der Lösungssuche immer wieder ins Leere gelaufen. Eine Ursache dafür dürfte bei den kantonalen Forstdiensten zu suchen sein, die durch viele der diskutierten Lösungswege einer starken Transformation unterworfen worden wären. Beispielhaft zeigte sich dies im Projekt «GALILEO» des Kantons Bern (Balsiger et al 2003) oder in der Diskussion zur Waldgesetzrevision und der Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald» auf nationaler Ebene (Schärer 2007). Trotz dieses Umstandes hat sich mit der Zeit etwas in Bewegung gesetzt. 2015 hat das heutige AWN zusammen mit dem Verband Berner Waldbesitzer (BWB) eine gemeinsame Entwicklungsstrategie Waldwirtschaft verabschiedet. Das AWN hat mit der Erarbeitung der Strategie Geschäftsfeld Wald sowie der Einführung eines Förderprogramms zur Schaffung optimaler Bewirtschaftungsstrukturen wichtige Bausteine gelegt. All dies wirkte sich auch auf die Revierorganisation und die Förderung aus. Dabei wurde versucht, strukturerhaltende Effekte zu reduzieren (vgl. Schmidt 2016).

Ausgangspunkt der Entwicklung waren verschiedene Herausforderungen, die besonders im Wald von häufig öffentlichen Eigentümern mit im Vergleich grösseren Waldflächen identifiziert wurden. Einige sind in Tabelle 1 aufgeführt und beschrieben. Auf die besonderen Herausforderungen im Wald öffentlicher Eigentümer mit im Vergleich kleineren Flächen oder von natürlichen Personen (Privatwald) wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen.

Tab 1Übersicht der Herausforderungen der Betriebsstrukturen.3

Eine erste erfolgreiche Etappe

Kern der durch das AWN lacierten Aktivitäten ist das Förderprogramm «Optimale Bewirtschaftungsstrukturen und -prozesse» im Rahmen des Teilprogramms Waldbewirtschaftung der Programmvereinbarung Wald zwischen dem AWN und dem Bundesamt für Umwelt BAFU4. Es setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe und wendet den in der Wirtschaft weitverbreiteten Ansatz der Unternehmensberatung an, für den finanzielle Förderung gewährt wird. Das Ziel ist es, in einem ersten Schritt die vorhandenen Strukturen mit einer neutralen Aussensicht zu betrachten und den Initianten den Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wenn die Waldeigentümer sich entschliessen, in einen Entwicklungsprozess einzusteigen, führt sie die Beraterin oder der Berater durch die Strategieentwicklung über den Businessplan bis zur definitiven Gründung ihres künftigen Unternehmens.

Um die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer auf die Förderung und die Lösungsoptionen hinzuweisen, wurden regelmässig Fachtagungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Veranstaltungen wurden Best-Practice-Beispiele durch Entscheidungsträger, Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter vorgestellt.

Das Programm hat sich mit bisher rund 30 geförderten Beratungsprojekten als erfolgreich erwiesen und zu einer Vielzahl von Neugründungen oder Optimierungen der Bewirtschaftungsstrukturen geführt. Es hat sich aber oftmals gezeigt, dass die im Entwicklungsprojekt ausgearbeiteten Möglichkeiten nicht immer direkt in den neu formierten Betrieben und Unternehmen umzusetzen waren. Somit war es schwierig, das volle Potenzial an Optimierungen auszuschöpfen.

Ein erster zusätzlicher Impuls zur Weiterentwicklung wurde mit dem Innovationswettbewerb «Ideenpool KliWa»5 gegeben (Abbildung 2). Dieser hatte zum Ziel, die Innovation und die Vernetzung in der Wertschöpfungskette anhand einer spezifischen Fragestellung zu fördern. Als Aufhänger hat sich die Anpassung an den Klimawandel angeboten. In den vier Preiskategorien wurden insgesamt 20 Projekte eingereicht.

Ausblick auf den weiteren Weg

Aufgrund der seit 2015 erfolgten Entwicklung hat das Amt in den letzten Jahren zwei wesentliche Massnahmen angestossen. Gemeinsam mit dem BWB wurde die «Entwicklungsstrategie Waldwirtschaft 2030» erarbeitet6. Sie ersetzt die bisherige Entwicklungsstrategie. Das Förderprogramm «Optimale Bewirtschaftungsstrukturen und -prozesse» wurde den veränderten Bedürfnissen der Forstbetriebe und Waldunternehmen angepasst. Neu sollen vermehrt auch innovative Lösungen zur besseren Ausschöpfung der Potenziale auf strategischer und operativer Ebene im Betrieb unterstützt werden. Dies können zum Beispiel zweckmässige Planungs- und Controllinginstrumente sein, die die heutigen Möglichkeiten von Fernerkundung, Modellierung und Digitalisierung verknüpfen. Die Betriebsleitenden werden dazu weiterhin motiviert, in Bereichen, in denen ihnen das nötige Wissen fehlt, mit geeigneten externen Partnern zusammenzuarbeiten.

Dies führt zu einem zentralen Punkt des Change-Managements. Herausforderungen erfordern neue Strategien und Strukturen und daher auch einen Kulturwandel – sowohl bei den Betriebsleitenden, Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern als auch bei der kantonalen Forstverwaltung.

Nur mit einem solchen breiten Kulturwandel können die Grundsätze der bernischen Waldpolitik auch unter den erschwerten Bedingungen infolge des Klimawandels erfolgreich ihren Zweck erfüllen, den Wald und seine Leistungen zu sichern – und dies zu tragbaren Kosten für die Eigentümerinnen, die Eigentümer und die öffentliche Hand.

Literatur

  • AWN (2024)

    Projektunterlagen zum neuen Förderprogramm optimale Bewirtschaftungsstrukturen. Unter Mitarbeit von Maximilian Brandt, Michel Brügger, Torben Claas, Martin Küng und Christian Menn. Bern: Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Bern.

  • BALSIGER H, KREBS B, MEIER AL (2003)

    Rentable Holzproduktion im Nutzwald oder Waldpark? Projekt «GALILEO» im Kanton Bern. Wald & Holz (9): 35–38.

  • HEINIMANN H R (2016)

    Industrielles statt gewerbliches Denken ist gefordert (Essay). Schweizer Z Forstwesen 167 (4): 196–199. doi:10.3188/szf.2016.0196.

  • SCHÄRER W (2007)

    16 Jahre waldpolitisch relevante Prozesse im Buwal/Bafu. Schweizer Z Forstwesen 158 (1–2): 1–13.

  • SCHMIDT R (2016)

    Ausgestaltung und Wirkung der forstlichen Förderung nach NFA im Kanton Bern (Essay). Schweizer Z Forstwesen 167 (5): 264–269. doi:10.3188/szf.2016.0264.

  • SCHMIDT R (2018)

    Die Berner Waldpolitik im «Kampf der Ideologien» (Essay). Schweizer Z Forstwesen 169 (3): 125–130. doi:10.3188/szf.2018.0125.

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