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Nekrolog Georg Schoop (1952–2024): Pionier einer auf Ökosystemdienstleistungen ausgerichteten Wald- und Landnutzung
26.02.2025

Am 11. November 2024 ist Georg Schoop verstorben. Er machte zwar kein Geheimnis aus seiner Krebserkrankung, aber sein Tod kam trotzdem für alle unerwartet und zu früh. Georg Schoop, geboren am 5. April 1952, schloss das Studium als Forstingenieur an der ETH Zürich 1976 ab. Bereits 1978 wurde er zum Stadtoberförster von Baden gewählt. Er machte sich bald einen Namen, indem er den Forstbetrieb durch Mechanisierung und Auslagerung operativer Tätigkeiten konsequent auf Wirtschaftlichkeit trimmte. Er erkannte aber früher als andere, dass Waldfunktionen wie Naturschutz und Erholung nicht automatisch im Kielwasser der Holzproduktion erfüllt werden können, sondern dass es dazu besonderer Anstrengungen bedarf. Mit dem Beschluss der Ortsbürgergemeinde, im Teufelskeller auf die Holznutzung zu verzichten und 20 Hektaren als Waldreservat auszuscheiden, startete 1987 in Baden die Umsetzung eines Naturschutzkonzepts. 1989 wurden, ebenfalls gestützt auf ein entsprechendes Konzept, erstmals Leistungen im Bereich Erholungswald durch die Ortsbürgergemeinde finanziert.
Im Dialog mit Behörden und Anspruchsgruppen gelang es Georg Schoop, den übrigen Waldleistungen einen Wert zu geben. Damit generierte er in einer Zeit des Holzpreiszerfalls wachsende Erträge in den Bereichen Naturschutz, Erholung und regionale Dienstleistungen. Er wurde dabei durch aufgeschlossene Behörden unterstützt. Er war einer der Ersten, die im Rahmen des 1996 gestarteten kantonalen Naturschutzprogramms Wald einen 50-jährigen Vertrag über ein Waldreservat (die Erweiterung des urwaldähnlichen Teufelskeller auf 70 Hektaren) abschlossen. Georg Schoop trug in der Folge mit innovativen Ideen und Projekten viel zum Waldnaturschutz bei, zum Beispiel durch die Ausscheidung grossflächiger Eichenwaldreservate (Nutzungsverzicht für alte Bäume, Förderung der Eichenverjüngung). In Sonderwaldreservaten experimentierte er mit neuen, effizienten Methoden der Pflege (Beweidung, periodisches Mähen). Er inventarisierte und schützte ökologisch wertvolle Biotopbäume («Lebensbäume», wie er sie nannte). Zur Überprüfung der Zielerreichung installierte er ein Monitoring. Insgesamt wurde im Badener Wald so ein Anteil von über 90 Prozent ausgewiesener Naturschutzflächen erreicht.
Pionier des Ökosponsorings und Stadtökologe
1997 entstanden die ersten Projekte, die von privaten Firmen mitfinanziert wurden. Georg Schoop war ein Pionier dieses Ökosponsorings. Bei den gemeinsam mit den Sponsoren entwickelten Projekten (Stichworte: Lebensbäume, Eibenreservat, seltene Baumarten, Pioniergehölz-Management, Eichenwirtschaft, Umwandlung in Naturwald, Wiederansiedlung Lungenflechte) ging es nicht nur um Werbung, die mit Geld abgegolten wird, sondern um den Aufbau emotionaler Bindungen zu Wald und Natur. Unvergesslich bleiben seine stimmungsvollen Anlässe mit Behörden und Sponsoren. Verträge wurden nicht am Bürotisch, sondern draussen am Lagerfeuer oder in einer einfachen Waldhütte unterzeichnet. Das Essen vom Spitzenkoch wurde aber vom Forstpersonal serviert.
1994 übernahm Georg Schoop mit dem Aufbau der Verwaltungseinheit Stadtökologie eine weitere Führungsaufgabe. Damit verbunden war auch eine Intensivierung der Umweltbildung. Das Zusammenführen von Wald, Landschaft, Natur und Umwelt in der Stadtökologie Baden mündete unter anderem im wegweisenden Richtplan «Natur und Landschaft», der mit dem schweizerischen Henry-Ford-Natur- und Landschaftsschutzpreis sowie dem europäischen Ehrenpreis zur Förderung der Biodiversität ausgezeichnet wurde. Baden ist damit bekannt geworden als Vorbild für die ökologische Aufwertung und Vernetzung von Naturräumen im städtischen Raum. Unzählige Exkursionen in- und ausländischer Fachleute zeugen davon.
Dozent an der ETH
Seit 1986 hielt Georg Schoop zudem als Lehrbeauftragter an der ETH Zürich Vorlesungen in Betriebswirtschaft und leitete Studien und Exkursionen. Viele Studierende der ETH-Forst- und Umweltnaturwissenschaften lernten die Umsetzung praktischen Umweltmanagements im Rahmen von Exkursionen und Übungen in Baden kennen. Neben seiner Lehrtätigkeit setzte er sich auch in Kommissionen für die Weiterentwicklung der Forstwissenschaften ein. Für seine Leistungen in Baden und in der Wissensvermittlung wurde Georg Schoop am ETH-Tag 2013 mit dem Titel eines Ehrenrats ausgezeichnet.
Präsident des Kuratoriums des Binding Waldpreises
Georg Schoops Verdienste machte auch die Sophie und Karl Binding Stiftung auf Baden aufmerksam. Sie zeichnet seit 1987 jährlich einen Waldbesitzer oder Forstbetrieb, der seinen Wald beispielhaft nachhaltig nutzt, mit dem Binding Waldpreis aus. Die Stadt erhielt 2005 mit dem Schwerpunktthema «Lebensraum Stadtwald» diesen mit 200 000 Franken dotierten Preis, der einer der bedeutendsten europäischen Umweltpreise überhaupt ist.
Ende 2009 wurde Georg Schoop ins Fachkuratorium des Binding Waldpreises gewählt, Anfang 2012 übernahm er das Präsidium von Prof. Peter Bachmann. Mit seinen Ideen für eine fortschrittliche, die Biodiversität fördernde Waldbewirtschaftung brachte er zukunftsweisende Themen für die jährliche Auszeichnung ein und prägte den Waldpreis bis zur letzten Verleihung 2016 massgeblich. «Waldeigentum als Verpflichtung», «Potential Privatwald» und dann sehr herausfordernd «Uraltbäume – Zeichen der Nachhaltigkeit» sowie «Weniger ist mehr – Suffizienz als Schlüssel zum Erfolg» waren prägnante Schwerpunktthemen, die Georg Schoop gesetzt hat.
Gefragter Waldexperte
Georg Schoop war seiner Zeit oft voraus, erkannte Trends früh, sah in Veränderungen Chancen und setzte seine Erkenntnisse kreativ und engagiert um. Er legte grossen Wert darauf, seine Arbeit und seine Projekte im Badener Wald durch Öffentlichkeitsarbeit, Waldumgänge und Fachexkursionen breiten Kreisen anschaulich zu erklären. Er wirkte auch in zahlreichen Arbeitsgruppen und Kommissionen im In- und Ausland mit, brachte sein Fachwissen und seine Erfahrung offen und inspirierend ein und scheute sich nicht, Klartext zu reden und auch radikale Vorschläge zu machen. Seine Haltung war dabei immer positiv und respektvoll gegenüber Andersdenkenden.
2017 wurde Georg Schoop nach 39 Jahren als Stadtoberförster pensioniert. Die Ortsbürgergemeinde verlieh ihm für seine Verdienste das Ehrenbürgerrecht. Er blieb weiterhin interessiert und aktiv und wäre dies wohl gerne noch länger geblieben. Mit seinem Tod verlieren wir einen geschätzten Kollegen und eine wichtige Stimme in der Wald- und Umweltpolitik. Sein Wirken lebt in den vielfältigen Waldbildern, die seine Handschrift tragen, weiter.
Heinz Kasper, Fredy Nipkow, Georg von Graefe
Schweiz Z Forstwesen 176 (2): 126–127.