• Wissen

Trends atmosphärischer Deposition und Auswirkungen auf Bodenwasserqualität und Baumernährung

Wissen

Katrin Meusburger1,*, Peter Waldner1, Maria Schmitt1, Frank Hagedorn1, Daniel Christen1, Noureddine Hajjar1, Tatiana Hirsiger1, Roger Köchli1, Christoph Mullis1, Patrizia Palermo1, Daniele Pezzotta1, Tanja Stutz1, Joachim Zhu1, Alois Zürcher1, Anne Thimonier1

1 Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf (CH)

Abstract

Das Programm «Langfristige Waldökosystem-Forschung» in der Schweiz liefert detaillierte Ergebnisse zu den Auswirkungen von Luftverschmutzung und Klimaänderung auf die Waldböden und Baumernährung. Seit den 1980er-Jahren sind die Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxiden in Mitteleuropa signifikant zurückgegangen. Diese Trends können auch für die Immissionen in der Schweiz bestätigt werden. Die Monitoringdaten zeigen, dass die Auswaschung von Sulfat aus dem Bodenprofil zurückgegangen ist. Auch die Stickstoffauswaschung nahm grösstenteils ab, jedoch nicht an Standorten mit weiterhin hohen Stickstoffeinträgen, wo sogar ansteigende Trends beobachtet wurden. Daher bleibt die Stickstoffbelastung trotz der insgesamt positiven Entwicklungen ein Problem. Ein weiterer kritischer Befund ist die fortschreitende Bodenversauerung, die sich in abnehmenden pH-Werten und niedrigen Verhältnissen von basischen Kationen zu Aluminium zeigt. Die Böden puffern die sauren Depositionen durch die Auswaschung von Nährstoffen und die Freisetzung von Aluminium. Diese Veränderungen in der Bodenlösungschemie können lange anhalten und die Nährstoffverfügbarkeit für die Bäume beeinträchtigen. Dies ist einer der Faktoren, die zu einem signifikanten Rückgang wichtiger Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor und Schwefel in den Blättern geführt haben. Dies weist auf eine Verschlechterung der Baumernährung hin. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass trotz des Rückgangs saurer Depositionen die langfristigen Auswirkungen auf die Waldböden und die Baumernährung bestehen bleiben, was sich auf die Gesundheit und Vitalität der Schweizer Wälder auswirken kann.

Keywords: soil acidification, acid rain, nitrogen deposition, nutrient availability, sulphate deposition

Schweiz Z Forstwesen 176 (2): 92–98. https://doi.org/10.3188/szf.2025.0092

* Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf, E-Mail katrin.meusburger@wsl.ch

Luftverschmutzung und klimatische Veränderungen belasten den Schweizer Wald. Emissionen von Schadstoffen wie Stickoxiden (NOx) und Schwefeldioxid (SO2), die bis in die 1980er-Jahre stark zunahmen, führten in Verbindung mit Niederschlagswasser zu saurem Regen. Es wurde schon früh vermutet, dass der Anstieg der Kronenverlichtung mit den zunehmenden Emissionen von Schadstoffen aus Verkehr, Landwirtschaft, Industrie und Haushalten und der damit verbundenen Entstehung von saurem Regen und dem Waldsterben zusammenhängen könnte.

Um die Luftverschmutzung und deren Auswirkungen zu überwachen und international eine Reduktion von Luftschadstoffen zu erreichen, hatte die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) 1979 in Genf die Luftreinhaltekonvention (Clean Air Convention) vereinbart und in diesem Rahmen 1985 das Internationale Kooperationsprogramm Wälder (International Co-operative Programme on Assessment and Monitoring of Air Pollution Effects on Forests – ICP Forests) ins Leben gerufen. Durch verschiedene technische Massnahmen zur Luftreinhaltung, wie die Entschwefelung von Treibstoffen und Heizölen, den Einsatz von Rauchgaswäschern in der Industrie sowie Katalysatoren in Fahrzeugen, haben die Emissionen von NOx und SO2 in Mitteleuropa seit den 1980er-Jahren abgenommen.

Als Folge des Rückgangs der Emissionen wird eine Reduktion der Einträge der Luftschadstoffe in die Ökosysteme (atmosphärische Deposition) erwartet. So konnte eine Zunahme der Alkalinität in Flüssen und Seen gezeigt werden (Evans et al 2001). Andere Studien berichteten hingegen über eine verzögerte oder sogar keine Reaktion hinsichtlich der Versauerung der Gewässer, was auf die Freisetzung von zuvor gespeichertem Sulfat (SO42-) aus Böden mit hoher Speicherkapazität zurückgeführt wurde (Alewell et al 2000).

Die NOx-Emissionen aus Verbrennungsprozessen sind wie die SO2-Emissionen stark zurückgegangen, liegen aber immer noch über dem Zielwert. Ein noch grösseres Problem ist die Freisetzung von Ammoniak (NH3) aus der Landwirtschaft. Diese ist für zwei Drittel der gesamten Stickstoffemissionen verantwortlich. Stickstoff (N) ist ein wichtiger Nährstoff, der in vielen Ökosystemen als ein limitierender Faktor für Wachstum gilt, aber im Überschuss auch zu einer Wachstumslimitierung führen kann (Etzold et al 2020). Ein hoher Stickstoffeintrag kann somit zur Eutrophierung, zu Nährstoffungleichgewichten und zu einem Verlust der Biodiversität führen (Roth et al 2015). Dabei können die Einträge in Wälder besonders hoch sein, da das Kronendach Gase und Partikel effektiv abfängt (Trockendeposition). Die Trockendeposition kommt zu den Einträgen durch Regenwasser oder Schnee (Nassdeposition) hinzu. Hoher atmosphärischer Stickstoffeintrag ist ausserdem mit einer Nettoversauerung in stickstoffreichen Waldökosystemen verbunden, wobei überschüssiger anorganischer Stickstoff (hauptsächlich Nitrat: NO3) unterhalb der Wurzelzone ausgewaschen wird. Gelangt Nitrat in zu hoher Konzentration ins Trinkwasser, kann es gesundheitsschädlich sein.

Ein weiteres Problem der Auswaschung von Sulfat und Nitrat ist, dass sie dabei von basischen Kationen (BC) wie den Nährstoffen Calcium, Magnesium und Kalium begleitet werden. Bei diesen Versauerungsprozessen kann Aluminium (Al) in Lösung gehen und ein zu tiefes BC/Al-Verhältnis toxisch für Wurzeln werden, wobei unter Freilandbedingungen, bei denen Aluminium oft komplexiert vorliegt, diese Toxizität möglicherweise nicht in gleichem Masse auftritt (Raspe 1992). Die Verarmung der Böden an Basenkationen, durch das Auswaschen mit Sulfat oder Nitrat im Sickerwasser, wurde als Hauptprozess anhaltender Bodenversauerung trotz reduzierter Emissionen angesehen. Analysen des Bodenwassers an europäischen ICP-Forests-Standorten zeigten in den letzten Jahren positive Entwicklungen, insbesondere einen starken Rückgang der Sulfatkonzentration in der Bodenlösung (Johnson et al 2018). Gleichzeitig weisen jedoch die Blattnährstoffkonzentrationen bei mehreren Baumarten auf eine Verschlechterung der Baumernährung in Europa hin, vor allem im Hinblick auf Phosphor (P) (Jonard et al 2015). Diese Verschlechterung deutet darauf hin, dass langfristige Auswirkungen der übermässigen Stickstoffdeposition weiterhin bestehen. Dazu gehören eine verringerte Nährstoffverfügbarkeit infolge der Bodenversauerung, sowohl absolut als auch im Verhältnis zum Stickstoff, sowie eine Abnahme der Mykorrhizapilze, die an der Phosphoraufnahme beteiligt sind.

Zusätzlich zu den stofflichen Belastungen beeinflussen auch klimatische Veränderungen das Waldökosystem. Hier sind insbesondere die drastischen Auswirkungen der wiederkehrenden Trockenheiten auf die Wasserverfügbarkeit im Boden zu nennen (Meusburger et al 2022). Eine geänderte Wasserverfügbarkeit im Boden und die Dynamik des Sickerwassers kann auch die stofflichen Flüsse wie die Auswaschung von Nitrat zusätzlich beeinflussen.

Angesichts dieser komplexen Interaktionen und der Langfristigkeit der Prozesse im Waldökosystem wird deutlich, dass langfristige Monitoringdaten unerlässlich sind, um die folgenden Fragen zu beantworten: Wie hat sich die atmosphärische Deposition in der Schweiz infolge der Reduktion der Luftschadstoffemissionen verändert? Und wie wirkt sich dies auf die Bodenversauerung und die Verfügbarkeit von Nährstoffen für Bäume aus?

Material und Methoden

Untersuchungsflächen und Beprobung

Die Flächen des Programms «Langfristige Waldökosystem-Forschung» (LWF) sind über die Regionen der Schweiz vom Jura bis zur Alpensüdseite verteilt (Abbildung 1). Ab 1995 wurden sie über mehrere Jahre für die Beprobungen eingerichtet.

Auf einem Teil dieser LWF-Flächen werden in zweiwöchentlichem Rhythmus der Niederschlag (auch Deposition genannt) und das Bodenwasser (auch Bodenlösung genannt) beprobt (Abbildung 1). Blätter zur Bestimmung der Blattspiegelwerte werden jedes zweite Jahr geerntet (Abbildung 2). Diese Wasser- und Pflanzenproben werden anschliessend chemisch analysiert. Die Bodenfeuchte wird auf den Flächen mit Tensiometern, Wassergehalts- und Matrixpotenzialsensoren gemessen (Abbildung 2).

Die Deposition wird auf den LWF-Flächen im Freiland mit 3 Sammlern und im Bestand mit 16 Sammlern (bzw. 1 und 4 Schneeeimern im Winter) unter dem Kronendach erfasst (Thimonier 2010). Die Einträge im Freiland entsprechen in etwa den nassen Depositionen mit Regen oder Schnee. Die Proben im Bestand enthalten zusätzlich auch Einträge in trockener Form (Partikel, Gase), die zuvor auf Ästen und Blättern abgelagert wurden.

Die Bodenlösung wird an 9 Standorten und dort auf jeweils 8 Teilflächen (für eine repräsentative Mischprobe) beprobt (Abbildung 1). Nicht alle Böden im LWF-Programm kommen für die Gewinnung von Bodenlösung infrage, so sind zum Beispiel Böden mit hohem Tongehalt oder sehr grober Struktur nicht geeignet. Die Bodenlösung wird unter der Humusauflage mit einer Plexiglasplatte aufgefangen und in den Mineralhorizonten in drei Tiefen (15, 50 und 80 cm) mittels keramischer Saugkerzen (Soil Moisture Equipment Corp., Santa Barbara, USA) entnommen.

Die Blattbeprobung wird alle zwei Jahre durchgeführt. Dabei wird von fünf bis sechs dominanten oder ko-dominanten Bäumen der Hauptbaumarten aus dem oberen Drittel der Krone je ein kurzer Ast entnommen. Bei Laubbäumen erfolgt die Entnahme üblicherweise im August, bei Nadelbäumen im Oktober. Bei den Nadelbäumen wird in diesjährige Nadeln und Nadeln des Vorjahres unterteilt. Blätter und Nadeln werden getrocknet, gemahlen und anschliessend im Labor analysiert. Die gemessenen Konzentrationen werden mit Referenzwerten verglichen (Mellert & Göttlein 2012), die Auskunft darüber geben, ob die Nährstoffkonzentrationen im normalen bzw. optimalen Bereich liegen.

Wasserverfügbarkeit und Modellierung

Die Wasserverfügbarkeit wurde mit manuellen Tensiometern in den Tiefen der Bodenlösungsmessung gemessen (Ablesung alle zwei Wochen) und seit 2020 mittels Matrixpotenzialsensoren (Tensiomark, ecoTech Umwelt-Messsysteme GmbH). Diese Messungen dienen als Grundlage für die Wasserhaushaltsmodellierung, für die das prozessbasierte Wasserhaushaltsmodell LWFBrook90 verwendet wurde (R Paket LWFBrook90R Version 0.5.3). Für die Berechnung der Auswaschung von NO3- und SO42- aus dem Boden wird hierbei der simulierte vertikale Wasserfluss unterhalb der Wurzelzone mit den gemessenen Konzentrationen der Bodenlösung in 80 cm Bodentiefe multipliziert.

Trendanalyse

Trends über die Zeit der Deposition, Wasserflüsse und Blattspiegelwerte wurden mit gemischten linearen Modellen unter Berücksichtigung der zeitlichen Autokorrelation evaluiert. Die Trends für Deposition und Blattspiegelwerte wurden basierend auf den jährlichen und für Bodenwasser den monatlichen Messungen gerechnet. Grafisch dargestellt werden im Folgenden die Jahreswerte.

Resultate und Diskussion

Rückgang der atmosphärischen Deposition

In allen Regionen ist ein allgemeiner Rückgang der Deposition von Stickstoff (NH4+, NO3-) zu beobachten (Abbildung 3, oben). Einzelne Flächen des Mittellands, der Voralpen und der Alpensüdseite weisen im Vergleich zu den anderen Regionen höhere Stickstoffeinträge auf, mit Werten, die generell über 10 kg/ha/Jahr liegen. Der Jura zeigt moderatere Einträge. Die Zentralalpen weisen die niedrigste Deposition auf, oft unter 5 kg/ha/Jahr. Im letzten Jahrzehnt scheint sich der allgemeine Abwärtstrend der Stickstoffdeposition verlangsamt zu haben, was aufgrund der jährlichen Schwankungen jedoch noch unsicher ist. Die kritischen Werte für Stickstoffeintrag liegen für Laubwälder bei 10–15 kg/ha/Jahr und für Nadelwälder bei 3–15 kg/ha/Jahr (Rihm & Künzle 2023). Wie für Stickstoff zeigt auch die Sulfatdeposition über denselben Zeitraum in allen Regionen einen signifikanten Abwärtstrend. Dabei ist die Sulfatdeposition am höchsten im Mittelland, im Jura und auf der Alpensüdseite und am niedrigsten in den Zentralalpen, wobei die heutigen Einträge tief sind (unter 5 kg/ha/Jahr) und der Unterschied zwischen den Regionen weniger ausgeprägt ist als bei Stickstoff.

Verrechnet man den Sickerwasserfluss mit den Konzentrationen der Bodenlösung (80 cm), kann man die Auswaschung von Stickstoff und Sulfat berechnen (Abbildung 3, unten). In allen Regionen ausser den Zentralalpen sind zeitlich begrenzt Spitzenwerte der Auswaschung zu beobachten. Trotz der starken Schwankungen von Jahr zu Jahr gibt es über alle Standorte einen rückläufigen Trend in der Stickstoffauswaschung. Entgegen diesem generellen Trend nimmt die Stickstoffauswaschung bei Standorten mit anhaltend hoher Deposition (z.B. Novaggio auf der Alpensüdseite) zu. Dies weist auf eine fortschreitende Stickstoffsättigung dieser Fläche hin, da die Wälder einen Teil der N-Einträge nicht vollständig in der Biomasse oder im Boden aufnehmen können. Ein Hinweis darauf ist die Abnahme des Kohlenstoff-zu-Stickstoff-Verhältnisses (C/N) im Boden dieser Fläche, die mit den Inventuren 1995 und 2022 festgestellt wurde. Die Auswaschung von Sulfat ist generell niedriger als die von Stickstoff (unter Berücksichtigung molarer Massen sogar noch deutlicher als in Abbildung 3 dargestellt), und die rückläufigen Trends sind signifikant und konsistent über die Flächen. Analysen der Konzentrationen von NO3- und SO42- im Bodenwasser zeigen ein ähnliches Bild mit rückläufigen Konzentrationen, wenn auch nicht signifikant für NO3- (Daten nicht gezeigt). Dies deckt sich mit Ergebnissen an den europäischen ICP-Forests-Standorten, die einen starken Rückgang der Sulfatkonzentration in der Bodenlösung verzeichnen, während NO3- in einer Tiefe von 10–20 cm unverändert blieb und nur in einer Tiefe von 40–80 cm abnahm (Johnson et al 2018).

Auswirkungen atmosphärischer Deposition auf die Bodenversauerung

Insgesamt weisen die Deposition und die Auswaschung vergleichbare regionale Muster und zeitliche Trends auf. Allerdings liegen die Auswaschungsraten unter jener der Deposition, da die Böden die Einträge zurückhalten und abpuffern (siehe Waldner et al 2025). Für das Abfangen des atmosphärischen Stickstoff- und Schwefeleintrags zahlen die Böden jedoch einen Preis. Der Überschuss an saurer Deposition führt je nach pH-Wert des Bodens zu einer Auswaschung von basischen Nährstoffkationen oder, bei niedrigeren pH-Werten, zur Freisetzung von Aluminium. Ein Mass für den Preis, den der Boden zahlt, ist neben dem pH-Wert das Verhältnis zwischen basischen Kationen und Aluminium (BC/Al) (Abbildung 4). Beide Indikatoren zeigen einen schwach abnehmenden Trend (jedoch nicht signifikant für BC/Al), also eine zunehmende Bodenversauerung. Die kritischen BC /Al-Werte von 1 für Nadelbäume und 0.6 für Laubbäume (Ulrich 1983) werden dabei nicht unterschritten (Abbildung 4). Der pH-Wert der Bodenlösung ist je nach Standort unterschiedlich und spiegelt unterschiedliche Ausgangsgesteine wider. Aber auch hier ergibt sich über alle Standorte ein leicht abfallender Trend des pH-Wertes, der zeigt, dass die Bodenversauerung voranschreitet. Allerdings ist Bodenversauerung auch ein natürlicher Prozess, der jedoch durch anthropogene Depositionen in Wälder beschleunigt wird.

Entwicklung der Bodenwasserflüsse

Die simulierte Entwicklung der Wasserflüsse im Boden zeigt eine Abnahme des Sickerwasserflusses, also der Wassermenge, die die Wurzelzone verlässt und zur Grundwasserneubildung beiträgt (Abbildung 5, links). Hohe Sickerraten sind dabei besonders in den Voralpen und in den Südalpen zu sehen, während die Zentralalpen eher niedrige Raten aufweisen. Des Weiteren zeigt das Verhältnis von aktueller zu potenzieller Transpiration (Ta/Tp), ein Indikator für die Wasserverfügbarkeit und Trockenstress für Pflanzen, einen abnehmenden Trend. Ein Verhältnis kleiner als 1 deutet darauf hin, dass die Pflanzen nicht das volle Potenzial zur Transpiration ausschöpfen können. Dies war insbesondere in den Trockenjahren 2015 und 2018 der Fall (Meusburger et al 2022). Diese Veränderungen der Wasserverfügbarkeit wirken sich unmittelbar auf die Auswaschung von Nährstoffen und deren Verfügbarkeit für die Bäume aus.

Auswirkungen auf die Baumernährung

Bäume nehmen über ihre Wurzeln Nährstoffe auf und lagern sie in ihrer Biomasse und in den Blättern ein. Blattspiegelwerte wichtiger Pflanzennährstoffe wie N und P sind ein wichtiger Indikator für die Nährstoffversorgung und die Pflanzengesundheit. Auf den LWF-Flächen nehmen seit Beginn der Messungen die Stickstoffkonzentrationen in den Blättern ab und folgen so dem Trend der Deposition (Abbildung 6). Die bei Buchen (Fagus sylvatica) und Eichen (Quercus sp.) gemessenen Stickstoffkonzentrationen in den Blättern deuten auf eine insgesamt zufriedenstellende Stickstoffernährung in allen LWF-Beständen hin. Bei Fichte (Picea abies), Tanne (Abies alba) und Föhre (Pinus sp.) zeigen die Stickstoffkonzentrationen in den Blättern tendenziell niedrige Werte, die sich im unteren Bereich der Normalwerte oder sogar im Mangelbereich für dieses Element befinden.

Bei Phosphor liegen die Konzentrationen sowohl für Buche als auch für Fichte und Tanne oft im unteren Bereich der normalen Ernährung oder im Mangelbereich. Wie beim Stickstoff ist auch beim Phosphor ein signifikanter Rückgang der Konzentration in den Blättern mit der Zeit zu beobachten, der sich in den Mangelbereich bewegt. Gründe hierfür könnten die anhaltend hohen N-Einträge sein, die für ein Nährstoffungleichgewicht zuungunsten des Phosphors sorgen (Braun et al 2020). Der signifikante Anstieg des N/P-Verhältnisses der Fichten- und Tannennadeln (nicht gezeigt) spiegelt die Verschlechterung der P-Ernährung im Vergleich zur N-Ernährung wider. Eine weitere Ursache könnte in der zunehmenden Trockenheit liegen (Abbildung 5), die es Bäumen zunehmend erschwert, P (aber auch N) aus dem Oberboden aufzunehmen (Puhlmann et al 2020). Ebenfalls nehmen bei diesen Baumarten die Konzentrationen von Schwefel (S) ab. Im Gegensatz hierzu konnten bei Föhren und Eichen keine signifikanten Trends für N, P und S festgestellt werden. Zudem haben wir bei keiner Baumart konsistente Trends für Magnesium oder Kalium beobachtet (Daten nicht gezeigt).

Auch auf europäischer Ebene sind deutliche Verzögerungseffekte zwischen den Emissionsminderungen und den Effekten auf das Ökosystem zu beobachten (Waldner et al 2015). So nahmen die Blattnährstoffkonzentrationen (u.a. N, P, S) auch dort zwischen 1992 und 2009 ab, was auf eine Verschlechterung der Baumernährung hinweist (Jonard et al 2015). Besorgniserregend war der Rückgang der Phosphorkonzentration in den Blättern von Buche, Traubeneiche (Quercus petraea) und Waldföhre (Pinus sylvestris) (Jonard et al 2015).

Insgesamt zeigt die Analyse der diesjährigen Blattspiegelwerte, dass die Konzentrationen wichtiger Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor über die Zeit abnehmen und alle untersuchten Baumarten bei mindestens einem Nährstoff im Mangelbereich liegen. Andere Nährstoffe wie Magnesium (Mg), Kalium (K) und Calcium (Ca) könnten in Zukunft ebenfalls begrenzt sein oder sind es bereits (Daten nicht gezeigt). Die Abnahme der Schwefelkonzentration in den Blättern illustriert den dokumentierten starken Rückgang der Emission und Deposition von Schwefel.

Synthese

Obwohl die anthropogene Deposition von Stickstoff und Sulfat zurückgegangen ist, haben diese Einträge weiterhin erhebliche Auswirkungen auf die Nährstoffversorgung der Bäume. Die atmosphärische Deposition wurde im Boden durch die Auswaschung von Nährstoffen und die Freisetzung von Aluminium gepuffert, was jedoch zu einer fortschreitenden Bodenversauerung führte, da die Basennachlieferung in der Regel langsamer erfolgt. Niedrige BC/Al-Verhältnisse und anhaltend hohe Stickstoffdepositionen beeinflussen die Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln negativ. Zusätzlich nimmt die Wasserverfügbarkeit ab, wodurch weniger Wasser als Transportmedium für Nährstoffe zur Verfügung steht. Diese Kombination von Prozessen führt zu einer Verschlechterung der Nährstoffverfügbarkeit im Boden und spiegelt sich im abnehmenden Nährstoffstatus der Bäume wider.

Ein Vergleich zwischen einem montanen Buchenwald in Schänis (730 m ü.M.) und einem subalpinen Fichtenwald in Beatenberg (1518 m ü.M.) verdeutlicht die Unterschiede in den Stickstoffflüssen (Abbildung 7). Im montanen Buchenwald ist der Boden von Natur aus nährstoffreich, und über Jahrzehnte hinweg wurden grosse Mengen an Stickstoff durch anthropogene Deposition eingetragen. Daher ist Stickstoff im Überfluss vorhanden, und es werden relativ hohe Mengen als Nitrat ausgewaschen. Im Gegensatz dazu ist der subalpine Nadelwald arm an Stickstoff, und die Stickstoffeinträge werden stärker zurückgehalten. Solche Unterschiede betonen die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung von Stickstoffeinträgen und ihren ökologischen Auswirkungen wie Nährstoffmängel, die das Wachstum, die Gesundheit und die Widerstandsfähigkeit der Bäume beeinträchtigen und zu einem Rückgang der Vitalität und Produktivität führen können (Etzold et al 2020).

Zusammenfassend zeigt sich eine verzögerte Reaktion der Wälder auf Emissionsreduktionen. Diese reichen von Veränderungen der Bodenlösungschemie bis hin zur Beeinträchtigung der Pflanzenernährung und unterstreichen die Bedeutung einer langfristigen Ökosystembeobachtung und einer weiteren Reduktion atmosphärischer Einträge. Gleichzeitig gewinnen die Auswirkungen der Klimaänderung auf die Wasser- und Stoffflüsse im Ökosystem Wald zunehmend an Bedeutung und müssen in die Beobachtungen einbezogen werden.

Eingereicht: 11. August 2024, akzeptiert (mit Review): 11. Oktober 2024

Dank

An alle ehemaligen Mitarbeitenden, die über viele Jahre zur Erhebung dieser Daten beigetragen haben: Elisabeth Graf Pannatier, Peter Waldispühl, Micha Plüss, Jörg Sintermann und Emily Solly für das Monitoring der Bodenlösung, Oliver Schramm für die langjährige tatkräftige Unterstützung im Feld, Anna Brechbühl, Yuk-Ying Cheung-Tang, Elsbeth Herlig, Erna Müller für die jahrelange Laborarbeit. An das Zentrallabor, insbesondere Alessandro Schlumpf, Ursula Graf, Janka Bollenbach und viele andere, die die unzähligen Messungen des LWF überhaupt ermöglicht haben. An Gustav Schneiter, Matthias Häni und Meteotest für die meteorologischen Daten. An Lorenz Walthert, Andi Rigling und Marco Walser für die Bestimmung der physikalischen Bodeneigenschaften. An Peter Jakob, Simpal Kumar, Volodymyr Trotsiuk und Flurin Sutter für die Datenbank und GIS-Unterstützung. An Peter Suter, Käthi Liechti und den externen Baumpflegerinnen und Baumpflegern (u.a. Markus Gysin, Anja Erni, Florim Ajda, Pierre Pages, Filippo Romano) für die zuverlässige Blattbeprobung. An die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer für die Möglichkeit, die Forschung auf diesen Flächen durchzuführen, und an die Stadt Lausanne, die Kantone Solothurn, St. Gallen und an den Schweizer Nationalpark für die Unterstützung. Ganz besonders danken wir den vielen Feldbetreuenden vor Ort für ihren langjährigen Einsatz.

Literatur

  • Braun S, Schindler C, Rihm B (2020)

    Foliar Nutrient Concentrations of European Beech in Switzerland: Relations With Nitrogen Deposition, Ozone, Climate and Soil Chemistry. Frontiers Forests Glob Change 3: 33.https://doi.org/10.3389/ffgc.2020.00033

  • Etzold S, Ferretti M, Reinds Gj, Solberg S, Gessler A et al (2020)

    Nitrogen deposition is the most important environmental driver of growth of pure, even-aged and managed European forests. Forest Ecol Manage 458: 117762.https://doi.org/10.1016/j.foreco.2019.117762

  • Evans Cd, Cullen Jm, Alewell C, Kopácek J, Marchetto A et al (2001)

    Recovery from acidification in European surface waters. Hydrol Earth Sys Sci 5: 283–297.https://doi.org/10.5194/hess-5-283-2001

  • Johnson J, Graf Pannatier E, Carnicelli S, Cecchini G, Clarke N et al (2018)

    The response of soil solution chemistry in European forests to decreasing acid deposition. Global Change Biol 24: 3603–3619.https://doi.org/10.1111/gcb.14156

  • Jonard M, Fürst A, Verstraeten A, Thimonier A, Timmermann V et al (2015)

    Tree mineral nutrition is deteriorating in Europe. Global Change Biol 21: 418–430.https://doi.org/10.1111/gcb.12657

  • Mellert KH, Göttlein A (2012)

    Comparison of new foliar nutrient thresholds derived from van den Burg’s literature compilation with established central European references. Europ J Forest Res 131: 1461–1472.https://doi.org/10.1007/s10342-012-0615-8

  • Meusburger K, Trotsiuk V, Schmidt-Walter P, Baltensweiler A, Brun P et al (2022)

    Soil–plant interactions modulated water availability of Swiss forests during the 2015 and 2018 droughts. Global Change Biol 28: 5928–5944.https://doi.org/10.1111/gcb.16332

  • Puhlmann H, Sohrt J, Rinderer M, Prietzel J, Krüger J, Lang F (2020)

    Wo der Phosphormangel droht. AFZ-Der Wald 3: 4.

  • Raspe S (1992)

    Biomasse und Mineralstoffgehalte der Wurzeln von Fichtenbeständen (Picea abies Karst.) des Schwarzwaldes und Veränderungen nach Düngung. In: Hädrich F (ed) Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen, Schriftenreihe des Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. 197 pp.

  • Rihm B, Künzle T (2023)

    Nitrogen deposition and exceedances of critical loads for nitrogen in Switzerland 1990–2020. Bern: Bundesamt für Umwelt. 106 pp.

  • Roth T, Kohli L, Rihm B, Amrhein V, Achermann B (2015)

    Nitrogen deposition and multi-dimensional plant diversity at the landscape scale. Royal Soc Open Sci 2: 150017.https://doi.org/10.1098/rsos.150017

  • Thimonier A, Sedivy I, Schleppi P (2010)

    Estimating leaf area index in different types of mature forest stands in Switzerland: a comparison of methods. Europ J Forest Res 129: 543–562.https://doi.org/10.1007/s10342-009-0353-8

  • Ulrich B (1983)

    An ecosystem oriented hypothesis on the effect of air pollution on forest ecosystems. In: G. P, A. J (editors) Ecological effects of acid deposition. Swedish Environmental Protection Board, SNV-PM 1636, Stockholm. pp. 221–231.

  • Waldner P, Meusburger K, Thimonier A, Musso A, Duborgel M et al (2025)

    Risikobewertung der Nitratauswaschung aus Wäldern in der Schweiz. Schweiz Z Forstwes 176 (2): 118–120.https://doi.org/10.3188/szf.2025.0120

  • Waldner P, Thimonier A, Graf Pannatier E, Etzold S, Schmitt M et al (2015)

    Exceedance of critical loads and of critical limits impacts tree nutrition across Europe. Ann Forest Sci 72: 929–939.https://doi.org/10.1007/s13595-015-0489-2

Anzeige