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Waldwissenschaften an der HAFL · Sciences forestières à la HAFL: Effizienter hybrider Schutz

Der Klimawandel vermindert die Schutzwirkung des Waldes. Hybride Schutzsysteme können eine effiziente Alternative sein.

26.02.2025

Abb 1 Oberhalb Chillon schützt ein hybrides System aus Schutzwald und Netzen die darunterliegenden Verkehrswege vor Steinschlag.
Abb 1 Oberhalb Chillon schützt ein hybrides System aus Schutzwald und Netzen die darunterliegenden Verkehrswege vor Steinschlag.

Dass Wälder eine wichtige Rolle im Schutz gegen Naturgefahren spielen, ist bekannt. Dadurch können technische Massnahmen im besten Fall vermieden werden. Aufgrund des Klimawandels werden jedoch die Unsicherheiten bezüglich dieser Schutzfunktion grösser. Welche Bedeutung hat dies für das Risikomanagement? Und können hybride Ansätze, eine Kombination aus Schutzwäldern und technischen Massnahmen, eine Lösung sein? Diese Fragen wurden in einer Fallstudie im Fachbereich Waldwissenschaften der BFH-HAFL erforscht.

Im Fokus der Studie stand ein Steinschlag-Schutzwald oberhalb von Chillon (Veytaux VD) (Moos et al 2024). Mittels einer dynamischen Modellierung wurden mögliche künftige Waldzustände für verschiedene Klimaszenarien hergeleitet. Diese Waldszenarien wurden schliesslich basierend auf der Einschätzung von lokalen Forstingenieurinnen und Förstern plausibilisiert. So konnte ein zusätzliches Szenario simuliert werden, um eine grössere Bandbreite an möglichen zukünftigen Entwicklungen abzubilden.

Die Schutzwirkung der verschiedenen Waldszenarien in Kombination mit bereits vorhandenen und geplanten technischen Schutzbauten wurde basierend auf ihrer Risikoreduktion ermittelt. Dazu wurden dreidimensionale Steinschlagsimulationen durchgeführt. Anschliessend wurde der Kapitalwert der technischen Schutzbauten in Kombination mit dem Wald berechnet, um die ökonomische Effizienz des Schutzsystems zu beurteilen.

Schutzbauten können Abnahme der Schutzwirkung kompensieren

Die aktuelle Schutzwirkung des Waldes oberhalb Chillon ist gross: Das Steinschlagrisiko wird um rund 75% reduziert. In Kombination mit den erweiterten Schutzbauten ergibt das beinahe eine vollständige Risikoreduktion. Mit fortschreitendem Klimawandel ist eine deutliche Veränderung der Artenzusammensetzung und der Waldstruktur zu erwarten. Während die Buche gemäss der Modellierung im Szenario RCP4.5 bestehen bleibt, verschwindet sie im Szenario RCP8.5 in den nächsten 60 Jahren, und die Flaumeiche sowie die Waldföhre kommen auf. Daher ist für dieses Szenario zumindest temporär mit einer deutlich abnehmenden Schutzwirkung des Waldes zu rechnen. Die stärkste Zunahme des Risikos wird in rund 70 Jahren erwartet. Die geplanten Schutzbauten können die Abnahme der Schutzwirkung zu einem Grossteil kompensieren.

Die Risikoreduktion kompensiert die hohen Investitionskosten der Netze, was nach ca. 30 Jahren einen positiven Kapitalwert ergibt. Werden hingegen nur der zusätzliche Nutzen der Schutzbauten sowie die Kosten für deren Erneuerung berücksichtigt, bleibt der Kapitalwert negativ – trotz abnehmender Schutzwirkung des Waldes.

Die Kosten-Nutzen-Analyse verdeutlicht, dass die zusätzliche Risikoreduktion der technischen Bauten deren hohen Investitionskosten nicht kompensiert. Das Gesamtsystem hingegen erreicht einen positiven Kapitelwert. Der Schutzwald übernimmt einen grossen Teil der Risikoreduktion und trägt somit zu einer höheren Wirtschaftlichkeit des Systems bei. Gleichzeitig zeigt die Studie auch, dass mit fortschreitendem Klimawandel zumindest zeitweise mit einer deutlichen Abnahme der Schutzwirkung des Waldes zu rechnen ist. Wird das Schutzziel durch den Wald allein nicht mehr erreicht, können hybride Schutzsysteme eine effiziente Alternative sein.

Christine Moos

  • Moos C, Lévy S, Loup B, Pattaroni M, Dorren L (2024)

    Kombination von Schutzwald und technischen Schutzbauten: Zunehmende Bedeutung von «hybriden Ansätzen» im Klimawandel. Agenda FAN 2/2024: 9–15.fan-info.ch/publikationen/fan-agenda/(Zugriff 9. Januar 2025)

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